20 Jahre Vignette - ein "Skandal" feiert Geburtstag

So viele Vignetten sind nicht erlaubt
Die Einführung war ein Desaster, doch heute gilt das Autobahnpickerl als Erfolgsgeschichte.

"Wird Gendarmerie auf Lenker ohne Vignette schießen?", lautete die KURIER-Schlagzeile am 14. Jänner 1997. Oder kurz zuvor: "Vignette: ÖAMTC geht zum Höchstgericht". Die Einführung des Autobahn-Pickerls am 1. Jänner 1997 geriet zum Skandal. Erst wurden zu wenige Vignetten gedruckt, dann lösten sie sich auch noch von den Windschutzscheiben ab. Und dennoch wurde zunächst munter weitergestraft von der Polizei. Erst als die Beamten selber rebellierten, wurde der Start für die Bestrafung noch einmal auf Februar verschoben.

Deutsche Zeitungen wie die Bild riefen einen Skandal aus und im Tagesrhythmus brachten der Grüne Rudi Anschober und der KURIER neue Details zu den Hintergründen ans Tageslicht. Das Beste davon schlachtete am nächsten Tag in der Früh der Ö3-Vignettenman aus - sein Schlachtruf lautete: "Bevor ich dich rette, eine Vignette!". Ganz Europa lachte über die täglich neuen Verrücktheiten im kleinen Österreich. Die Redaktion ging über vor Leserbriefen, die Briefe füllten teilweise Wäschekörbe. Die Seele der Autofahrer kochte über.

20 Jahre Vignette - ein "Skandal" feiert Geburtstag
Vignettenman
Findige Firmen boten sogar den Verleih von Vignetten an, die damals noch meist Autobahnpickerl genannt wurden. Tatsächlich hatte dies eine Gesetzeslücke ermöglicht, auch Sonderangebote wurden gemacht, um Kunden zu fangen. Um die letzten Restbestände gab es regelrechte Schlachten der Verkaufsstellen - Trafiken gegen Tankstellen, ARBÖ gegen ÖAMTC, jeder gegen jeden lautete das Match um die letzten Pickerl.

Millionendesaster

Der Hintergrund: Die damalige Mautgesellschaft ÖMG hatte sich auf eine deutsche Beratungsfirma verlassen und deshalb zu wenige Kleber bestellt. Die Druckerei in den USA hatte schlechtes Material geliefert und war dann bis Mitte Jänner auf Betriebsurlaub gegangen. Während sich die Pickerl von den Windschutzscheiben von selbst lösten, konnten wegen der Betriebsferien keine Kleber mehr in Chicago nachgeordert werden.

Zu diesem Zeitpunkt standen die deutschen Touristen Schlange an den Grenzen, weil sie in den Winterurlaub wollten und keine Vignetten mehr bei der Einreise bekamen. 7,3 Millionen Pickerl wurden gedruckt, offenbar aber 18 Millionen benötigt. Mittelsmann war damals ein heute gut bekannter Waffen-Lobbyist mit Eigenjagd. Seine Rolle in diesem Geschäft wurde dabei niemals ganz aufgeklärt.

Minister böse auf den KURIER

Als der KURIER erstmals vom Vignetten-Debakel schrieb, kündigte der damals zuständige Wirtschaftsminister Johannes Farnleitner (ÖVP) sogar an, nicht mehr mit dem KURIER zu sprechen - das hielt er auch einige Tage durch. Dennoch löste er - sehr schwer unter Druck geraten - wenig später die Mautgesellschaft ÖMG auf, die Asfinag stieg zum Straßenerhalter für ganz Österreich auf.

Doch auch ein weiterer alter Bekannter war damals schon mit dabei. Der Kärntner Verkehrslandesrat Karl-Heinz Grasser drohte mit einer Autobahnblockade wegen der "Wegelagerei" der Bundesregierung. Damals kostete das Pickerl aber vergleichsweise günstige 40 Euro (550 Schilling), heute ist mit 86,40 mehr als das doppelte fällig.

Seit damals ist auch die Farbe jedes Jahr ein wichtiges Thema. Bei der Asfinag amüsiert man sich, dass man bereits im Sommer reihenweise Presseanfragen bekommt, wie denn die neuen Vignetten ausschauen. Mittlerweile wird die Farbe bereits weit früher festgelegt. Die bisherigen Farben waren - 1997: Rot; 1998: Zitronengelb; 1999: Blau; 2000: Grün; 2001: Orange; 2002: Violett; 2003: Safrangelb; 2004: Rubinrot; 2005: Mintgrün; 2006: Goldgelb; 2007: Türkisblau; 2008: Korallenrot; 2009: Lindgrün; 2010: Flieder; 2011: Mango; 2012: Petrol; 2013: Himbeer; 2014: Limette; 2015: Azur; 2016: Mandarin-orange; 2017: Türkis.

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