"Schmutziges Spiel" beim Grazer IS-Prozess

Symbolbild
Beschuldigter beschimpfte den Staatsanwalt und kritisierte dessen Fragen.

Im Grazer Straflandesgericht ist am Montag der Prozess gegen elf mutmaßliche Jihadisten fortgesetzt worden. Am fünften Tag stand die Befragung einer der drei angeklagten Frauen auf dem Programm. Sie wollte nichts von den Vorgängen in der Taqwa-Moschee, wo sie regelmäßig war, bemerkt haben. Ihr Ehemann mischte sich ein und bezeichnet die Fragen des Staatsanwaltes als "schmutziges Spiel".

Die elf Beschuldigten müssen sich alle wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung, der kriminellen Organisation und der staatsfeindlichen Verbindung verantworten. Befragt wurde die 36-jährige Ehefrau eines der Angeklagten. "Sie haben früher immer Niqab getragen, warum jetzt nicht?", fragte der Richter. "Weil es verboten ist", antwortete die Frau. Sie war regelmäßig in der Moschee und soll sich dort auch um Spenden für bedürftige Muslime gekümmert haben. Vor Gericht bestritt sie, eine besondere Stellung gehabt zu haben.

Wie schon die erste Befragte, gab sich auch die 36-Jährige in jeder Beziehung unwissend. Sie wollte weder etwas von der Jihad-Propaganda noch von den Vorbereitungen zur Auswanderung von 38 Personen aus dem Taqwa-Verein bemerkt haben. Sie wird aber von zwei Frauen, die mit ihren Familien 2014 nach Syrien zur Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) gegangen sind, belastet. Angeblich wurde sowohl unter den Frauen bei den Treffen im Glaubensverein als auch in der Whatsapp-Gruppe darüber gesprochen. "Nein, nie", bestritt die Angeklagte. Auf Whatsapp habe man sich nur ausgetauscht, was man kochen werde, betonte die 36-Jährige.

Nichts gewusst

Von den Vorträgen ihres Mannes in der Moschee will sie auch nichts gewusst haben. "Hat er nie erzählt, dass er den Film über die Ausrufung des Kalifat vorgeführt hat?", interessierte den Ankläger. Da fuhr ihr Ehemann auf der Anklagebank auf und rief: "Das stimmt nicht, ich habe ihn nur übersetzt. Das ist das schmutzige Spiel des Staatsanwalts, das ist unmoralisch." "Sie sind ein jihadistischer Moralist", konterte der Staatsanwalt, "und vor Moralisten habe ich immer Angst".

Bei der Fortsetzung der Befragung blieb die 36-Jährige dabei, von den Vorgängen in der Grazer Taqwa-Moschee nichts bemerkt zu haben. Dass mehrere Familien nach Syrien zur Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) gegangen waren, habe sie nur von anderen erfahren, meinte die Frau. Es stimme auch nicht, dass die Vorträge der Männer im Glaubensverein in den Frauen-Raum übertragen worden seien.

„Sie fragen alles noch einmal“, beklagte sich die 36-Jährige über das hartnäckige Nachbohren des Anklägers. „Das ist mir wichtig, weil ich nicht wegschaue“, konterte der Staatsanwalt.

Einer der Geschworenen meldete sich zu Wort und wandte sich an die Angeklagte: „Nachdem die erste Partie nach Syrien gegangen ist, haben Sie da zuhause nicht darüber gesprochen? Nachdem Sie doch beide so gegen den Krieg sind?“, interessierte es den Laienrichter. „Ja, gesprochen schon, aber wir haben nicht länger darüber diskutiert. Wir waren böse und haben es nicht verstanden“, wehrte die Frau ab. „Warum haben Sie nicht in der Moschee darüber gesprochen?“, fragte der Geschworene weiter. „Warum soll ich mit anderen darüber sprechen?“, antwortete die Frau.
Für Mittwoch (20. 11.) wurde ein weiterer Verhandlungstag anberaumt, da die Befragung der Angeklagten viel Zeit in Anspruch nimmt. Ein Urteil wurde frühestens für Ende November erwartet.

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