Ruf nach höherer Strafe für Einbrecher

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Experten, die sie selbst für eine Reform eingesetzt hat, widersprechen der Justizministerin.

Wenige Wochen vor der Nationalratswahl sagen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizministerin Beatrix Karl (beide ÖVP) den Wohnungseinbrechern den Kampf an. Mit strengeren Strafdrohungen, von denen sie sich bzw. den Opfern die Abschreckung der Täter versprechen, die großteils von Westbalkan-Staaten kommen sollen. Aber sogar die von Karl höchst persönlich eingesetzten Experten halten von dem Vorstoß nichts.

Ruf nach höherer Strafe für Einbrecher
Copyright: BMI/Egon WEISSHEIMER, 02.09.2013 Wien, Pressekonferenz "Einbruchdiebstahl in Wohnstätten" mit Innenministerin Mag. Johanna MIKL-LEITNER u Justizministerin Beatrix KARL

Wohnungseinbrüche seien anders zu werten als Einbrüche in Lagerhallen, so die beiden Ministerinnen am Montag. Die Wohnungsinhaber würden traumatisiert, einige litten über Jahre an den Spätfolgen. Ministerin Karl: „Ich selbst habe Bekannte, denen die Wäsche durchwühlt wurde.“ Derzeit liegt der Strafrahmen bei sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Mikl-Leitner: „Da ist es aber egal, ob es die Wohnung eines Bürgers oder eine Zeitungskassa getroffen hat.“ Demnach sei eine Differenzierung notwendig. Mit der habe man in Deutschland gute Erfahrungen gemacht. So sollte man die Mindeststrafe von sechs Monaten auf ein Jahr erhöhen. Das würde nach ihrer Erfahrung, so Beatrix Karl, automatisch auch die anderen Urteile bei Wohnungseinbrüchen erhöhen.

Angesichts der mageren Aufklärungsquote bei Wohnungseinbrüchen von 5,8 Prozent in Wien sei die Forderung nach einer Straferhöhung eine reine „Polit-Show“, meint dazu FPÖ-Sicherheitssprecher Harald Vilimsky.
Keine Rede davonOb es dazu überhaupt kommt, entscheidet laut Karl erst im Februar 2014 eine Expertenkommission im Justizministerium, die eine Gesamtreform des Strafgesetzbuches berät.

Strafrechtsprofessor Helmut Fuchs von der Uni Wien ist Mitglied dieser Kommission und erklärt dem KURIER, dass davon in dem Gremium „keine Rede“ sei (siehe auch Interview unten): „Mir fällt auch kein Delikt ein, bei dem eine Erhöhung der Strafdrohung nötig wäre.“ Im Gegenteil: Man wolle das Knacken von Zeitungskassen oder Fahrrad-Schlössern, was auch unter das Delikt „Einbruchsdiebstahl“ mit demselben Strafrahmen fällt, dort ausklammern und einfach Diebstahl nennen.

Von einer Anhebung der Mindeststrafe hält auch Fuchs’ Linzer Kollege Alois Birklbauer nichts: Das sei zwar mitunter „ein Signal und mag gut klingen, aber Täter kalkulieren nicht so.“ Schon gar nicht, wenn es um Banden aus dem Ausland geht. Für diese habe man ohnehin die strafverschärfende „Gewerbsmäßigkeit“ zur Verfügung, wenn sie sich durch Einbrüche eine Einnahmequelle verschaffen.

KURIER: Bringt die Anhebung der Mindeststrafe etwas?

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Helmut Fuchs: Nein, das Problem bei Wohnungseinbrüchen ist bessere Aufklärung, und die ist mit Strafdrohung nicht zu erreichen. Der Strafrahmen ist bewusst weit gefasst, sonst wird die Entscheidungsfreiheit der Richter unnötig eingeschränkt. Es gibt keinen Anlass, den Richtern hier zu misstrauen. Außerdem hat man bei Rückfall oder wenn Gewalt dazu kommt ohnehin eine höhere Strafdrohung.

Und was ist mit dem Trauma für die Opfer, bei denen eingebrochen wurde? Die Vorstellung, dass es auch passieren kann, wenn man daheim ist, ist unangenehm. Aber die Nebenfolgen der Beunruhigung sind vom Vorsatz des Täters nicht umfasst. Man kann aus seiner Wohnung eine Festung machen, und das hilft auch nichts. Nachbarschaftshilfe ist wichtig.

Der viel beschäftigte Wiener Strafverteidiger Werner Tomanek hält die Pläne Karls, die neue Strafrahmen für Wohnungseinbrecher nach einer Evaluierung durch eine von ihr eingesetzte Expertenkommission in die für 2015 geplante StGB-Reform einfließen lassen möchte, für "absurd", wie er gegenüber der APA feststellte.

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"Die Leute reisen ja nicht wegen einem einzigen Einbruch aus Moldawien oder Georgien an. Die begehen serienweise Einbrüche, und wenn sie erwischt werden, ist ihnen mittels Rufdaten-Erfassung meistens Gewerbsmäßigkeit nachzuweisen. Damit steht jetzt schon automatisch ein Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren zur Verfügung", hielt Tomanek fest.

Bessere Wohnbedingungen im Gefängnis

Darüber hinaus erklärte Tomanek, die "Strafpraxis in Ostösterreich" sehe derzeit so aus, "dass die Gerichte selbst bei einem einzelnen versuchten Wohnungseinbruch nicht die Mindeststrafe verhängen. Es wird aus generalpräventiven Erwägungen genau unterschieden, ob beim Billa, in ein Lagerhaus oder in eine Wohnung eingebrochen wird." Täter, denen bei Wohnungseinbrüchen Gewerbsmäßigkeit nachzuweisen ist, müssen laut Tomanek durchwegs mit mehreren Jahren Gefängnis rechnen, "wobei sie dort oft bessere Wohnbedingungen und Verdienstmöglichkeiten als zu Hause haben". Das Geld, das aus Osteuropa stammende Täter bei ihrer Entlassung als Vergütung für ihre in Haft geleistete Arbeit erhalten, mache meistens mehr aus, als in Moldawien oder Georgien bei einer geregelten Beschäftigung zu verdienen ist.

Einbrüche in Wohnungen und Häuser sind in Österreich zuletzt um ein Prozent zurückgegangen (siehe Zusatzbericht unten). Für Innenministerin Mikl-Leitner ist "jeder Einbruch einer zu viel", daher müsse diese Kriminalitätsform "aufs Entschiedenste bekämpft werden", wie sie bekräftigte.

Die Einbruchsdiebstähle in Wohnungen und Privathäuser stagnieren laut der österreichischen Kriminalstatistik seit 2010 mit leicht abnehmender Tendenz. 15.747 Fälle wurden in diesem Jahr von der Polizei an die Staatsanwaltschaft angezeigt. 2009 hatten die Zahlen ihren vorläufigen Höhepunkt mit 21.148 Fällen erreicht, während es 2008 laut Bundeskriminalamt (BK) noch 18.648 Fälle waren.

Auch 2012 wurde das Niveau bei Einbrüchen in Wohnungen und Häuser in etwa gehalten. Mit 15.479 Anzeigen gab es erneut einen Rückgang um rund ein Prozent gegenüber 2011. Blickt man bis ins Jahr 2003 zurück, waren es da noch 13.429 Fälle, im Folgejahr wurden dann erstmals über 20.000 Fälle verzeichnet.

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Einbrüche seit 2003
"Die Täter sind uns großteils bekannt, die haben wir schon 2004 und 2008 festgenommen", sagte Direktor des Bundeskriminalamts (BK), Franz Lang, bei der Präsentation der aktuellen Statistik im Februar dieses Jahres. Etwa 51 Prozent der Ausgeforschten sind Wiederholungstäter. Unter den ausgeforschten Tatverdächtigen befanden sich laut Lang etwa 70 Prozent Fremde, an der Spitze des Nationalitäten-Rankings standen Rumänen, Serben und Georgier.

Das Delikt Einbruchsdiebstahl hat seine wirtschaftlichen Ursachen. "Im ganzen Prozess der Ostöffnung hat es immer ein Problem mit der Diebstahlskriminalität gegeben", sagte etwa Ernst Geiger, Leiter der BK-Abteilung für Ermittlungen für Organisierte und Allgemeine Kriminalität, 2009 in einem APA-Interview. Mit der ökonomischen Stabilisierung in Ländern wie Polen, Tschechien, Ungarn oder der Slowakei habe sich auch die Zahl der Straftäter aus jenen Ländern auf ein unauffälliges Niveau reduziert.

Maßnahmen, wie die Schaffung der Soko Ost und der Masterplan gegen die Einbruchskriminalität haben bei der Bekämpfung dieses Deliktfelds jedenfalls Wirkung gezeigt. In Hinblick auf die mehrheitlich fremden Tätergruppen setzte das BK verstärkt auf die Ausschaltung deren Operationsbasen in den Heimatregionen durch Kooperationen mit den Polizeieinheiten vor Ort. So wurden laut BK ILECUs (International Law and Enforcement Coordination Units) in den Westbalkan-Ländern geschaffen.

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