Ein Niederländer hatte es auf österreichische Geschäftsleute abgesehen. Mit einer laut Ermittlern „genialen“ Masche erbeutete er 1,2 Millionen Euro. Nach seiner Verurteilung warnt die Polizei vor ähnlichen Taten.
Eine Einladung in ein Luxushotel mit Strandblick in Barcelona oder eine schicke Rooftop-Bar in Rom. Dazu ein mehrgängiges Abendessen und ein paar Gläser Wein – alles auf Rechnung des großzügigen Gastgebers. Das Beste daran: der Mann möchte auch noch in die eigene, etwas in Schieflage geratene Firma oder das neu gegründete Start-up investieren.
Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es in diesem Fall auch. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit handelt es sich um sogenannte „Rip-Deal“-Betrüger. Gemeinsam mit Europol ist heimischen Kriminalbeamten ein solcher, er nennt sich „Kennedy“ und ist Mitglied eines berüchtigten Roma-Clans, im Vorjahr ins Netz gegangen.
„Seit 2020 haben wir bereits 102 ‚Rip-Deal‘-Fälle mit einer Gesamtschadenssumme von 25 Millionen Euro geklärt“, betonte Chefermittler Martin Roudny am Donnerstag, als Kriminalisten der „Rip-Deal-Unit“ des Wiener Landeskriminalamts neue Details zu dem Fall bekannt gaben.
Demnach konnten dem mittlerweile in Österreich zu drei Jahren Haft verurteilten Niederländer „Kennedy“ sieben Taten mit einem Gesamtschaden von 1,2 Millionen Euro nachgewiesen werden.
Auch die gängigsten Maschen wurden näher erläutert. So wurden die als Opfer auserkorenen Unternehmer im ersten Schritt zwar noch hofiert, schon bald aber sollten sie eine „Sicherheit“ für das angebahnte Geschäft vorweisen. Konkret waren für diese „Bonitätsprüfung“ Zehn- oder Hunderttausende Euro in Form einer beliebigen Kryptowährung notwendig.
Passwörter ausgespäht
„Der Betrag musste nicht übergeben, sondern lediglich in einem Krypto-Wallet (eine Art digitale Brieftasche, Anm.) hinterlegt werden. Die Opfer wurden an Ort und Stelle gedrängt, sich eine entsprechende App runterzuladen“, erklärte Kriminalist Valentin Szaga-Doktor. Die Tatsache, dass sie kein Geld aushändigen mussten und dieses sich im eigenen Wallet befand, erzeugte zusätzlich ein Gefühl falscher Sicherheit – das sei fatal gewesen.
„Die Krypto-Vermögenswerte gehörten ihnen jetzt nicht mehr allein“, ergänzte Mario Kaintz, ein ebenfalls involvierter Ermittler. Denn mit Kameras an der Decke oder Komplizen im Hintergrund wurden die für das Wallet erstellten Passwörter ausgespäht. Schon kurz nach dem vermeintlichen Geschäftsessen waren die Krypto-Konten leer geräumt und die Betroffenen im schlimmsten Fall wirtschaftlich ruiniert. „Es gibt Fälle, bei denen die Betrogenen aus Verzweiflung Suizid begangen haben“, verdeutlichte Kaintz, dass es den Ermittlern um deutlich mehr als geplünderte Kontos geht.
Die Polizei spricht bei dem Betrugsphänomen von einem „Rip-Deal 2.0“. Eine Weiterentwicklung des klassischen „Rip-Deals“ – eine Betrugsform, der sich primär hochprofessionelle Clans und Banden bedienen. Dabei wird den Opfern für Luxusgüter wie hochpreisige Uhren oder Gold von den Kriminellen Falschgeld übergeben bzw. für Immobilienkäufe, die dann nicht zustande kommen, eine Vermittlungsgebühr verlangt. Die Ausgangslage sei stets ähnlich, betonte Kaintz: „Auf fast schon geniale Art stellen die Täter eine Vertrauensbasis her.“
Opfer im ganzen Land
Dass das funktioniert, zeigt der aktuelle Fall: Der 39-jährige, im Ausland einschlägig vorverurteilte „Kennedy“ schaffte es, Personen aus St. Pölten, Tulln, Salzburg, Wien, dem steirischen Bezirk Liezen sowie aus Deutschland und der Schweiz abzuzocken. „Wir konnten den Fall aber relativ schnell klären“, so Szaga-Doktor, der auf die Sicherstellung belastender Fotos und Sprachnachrichten verwies.
Im Zuge der sogenannten „Operation Dallas“ stellten die Ermittler außerdem 200.000 Euro Falschgeld sicher. „Kennedy“ hatte es aber vor allem auf die Kryptokonten seiner Opfer abgesehen. Dass die Polizei auf den Mann aufmerksam wurde, ist auch einem Vorarlberger Privatdetektiv zu verdanken, der mit mehreren Geschädigten auf die Wiener Sonderermittler zugekommen war. Zwei Mittäter des Verurteilten, ein Serbe und Niederländer, sind bekannt; nach ihnen wird noch gefahndet.
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