Nach Operationen waren Männer impotent: Urologe angeklagt

Der Herr Doktor kommt Mittwochvormittag mit zwei vollen Tragtaschen ins Landesgericht für Strafsachen in Wien. Darin befinden sich unter anderem eine Penispumpe und ein Penis-Implantat. Als Anschauungsexemplare. „Ich bin ja neu auf dem Gebiet“, sagt Richter Thomas Kreuter – und wird wenig später vom angeklagten Urologen Ralf Herwig zur Funktions- und Wirkungsweise anschaulich aufgeklärt.
Der Grund für all das: Herwig (56) soll fünf Männer, die wegen Erektionsproblemen seine Hilfe suchten, verpfuscht haben. Sowohl eine falsche Diagnose (venöses Leck, Anm.) als auch eine in Österreich nicht anerkannte Operationsmethode (Sklerosierungstechnik) soll er angewendet haben. Zudem soll er seine Methode als „minimal invasiven Eingriff ohne Risiken“ beworben haben. „Die Opfer hatten oft jahrelange Probleme, sie haben sich Heilung versprochen. Der Angeklagte hat sich als Retter in der Not präsentiert“, sagt die Staatsanwältin.
Doch die Operation brachte nicht die erhoffte Heilung – im Gegenteil: Zwei der Männer erlitten irreversible Schäden, bei zwei weiteren dauerte es Jahre, bis sie sich davon erholten. Zwei der Betroffenen begingen Suizid. „Er hat sie als Versuchskaninchen verwendet“, wirft die Staatsanwältin vor. „Nicht schuldig“, erklärt Herwig indessen im Gericht. Er ist wegen schwerer Körperverletzung mit Dauerfolgen, grob fahrlässiger Körperverletzung und schweren Betrugs angeklagt.
Berufsverbot
Der Urologe ist in Österreich mittlerweile nicht mehr als Arzt tätig – die Ärztekammer hat gegen ihn ein Berufsverbot verhängt. Im Internet wirbt Herwig allerdings noch immer für seine Arbeit – allerdings in einer Ordination in Dubai. Anwalt Nikolaus Rast bezeichnet ihn als „einen der führenden Experten weltweit“.
Richter Kreuter will die Thematik von Grund auf verstehen. „Möglichst ohne Fachausdrücke.“ Angeklagter Herwig kommt dem nach. „Stellen Sie sich vor, Sie haben einen Topf. Aber in dem Topf ist ein Loch. Das ist dann das venöse Leck.“ Und zur Behandlung: „Das große Loch kriegen Sie nicht mit Medikamenten geflickt.“
Warum die Operation nicht anschlug? Einige der Männer seien zu voreilig gewesen und hätten „ausprobiert“. Dabei hätte er vollständige Ruhe angeordnet.
Doch laut Anklage war auch ein Patient darunter, der als Agent Provocateur auftrat – also gar keine Probleme hatte. Auch hier soll Herwig ein venöses Leck diagnostiziert haben.
Prozess vertagt.
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