Regierungskrise in Innsbruck: Das Tischtuch ist zerschnitten
„Zerstörung der Koalition“ werfen die Grünen ihrem Regierungspartner FI vor. Die Zusammenarbeit scheint vor dem Ende zu stehen. Alternativen sind Mangelware
Die Innsbrucker Stadtpolitik gleicht auf Regierungsebene seit zwei Jahren einem erbitterten Rosenkrieg, in dem aber noch keiner der vier Partner den Mut hatte, die Scheidungspapiere einzureichen.
Die geheime Wahl eines blauen Vizebürgermeisters am Donnerstag, die ohne Stimmen bzw. Enthaltungen aus den Reihen der Koalition aus Grünen, Für Innsbruck (FI), ÖVP und SPÖ nicht möglich gewesen wäre, könnte nun aber das Fass zum Überlaufen bringen.
"Treibende Kraft"
Dahinter, dass es Markus Lassenberger (FPÖ) auf den Stuhl neben den grünen Bürgermeister Georg Willi schaffen konnte, sieht der Stadtchef, wie berichtet, die Liste FI von Ex-Bürgermeisterin Christine Oppitz-Plörer als „treibende Kraft“.
Die Grünen sprachen am Freitag in einer Aussendung von einer „mutwilligen Zerstörung der Koalition“ durch FI, die „zum Steigbügelhalter für die FPÖ verkommen“ sei. Bürgermeister Willi ließe auf Anfrage wissen, dass er hinter diesen Vorwürfen stehe.
Dass man Für Innsbruck damit den Stuhl vor die Koalitionstür stellt, wollte vorerst niemand bestätigen. Weitere Schritte würden die Grünen intern am Wochenende beraten, hieß es nur.
„Abrüsten der Worte“
FI ruft zu einem „Abrüsten der Worte“ auf und spricht von „persönlichen und untergriffigen“ Angriffen, die „vollkommen ins Leere“ gingen und aufs Schärfste zurückgewiesen werden. Man müsse sich nun gemeinsam um die „engagierte Umsetzung des Koalitionsübereinkommens“ kümmern, erklärte Oppitz-Plörer.
Das Tischtuch zwischen den Grünen und Für Innsbruck scheint jedoch zerschnitten. Den ersten tiefen Riss gab es bereits 2019, als die Bürgermeisterfraktion die Abwahl von Oppitz-Plörer als erste Vizebürgermeisterin unterstützte.
Nachfolgerin Uschi Schwarzl (Grüne) bekam als Nachfolgerin in der Wahl für diese Funktion nur 22 Stimmen; die Regierung bringt es auf 27. Im Dezember wurde wiederum Schwarzl als Vizebürgermeisterin abgewählt – mit den Stimmen der drei Koalitionspartner, die das mit ihrem Unmut über diverse Projekte der Verkehrsstadträtin begründeten.
Es gab also bereits genug Nadelstiche, die den Koalitionsballon zum Platzen bringen hätten können bzw. müssen. Dass immer wieder weitergewurstelt wurde, ist dem Mangel an Alternativen geschuldet. Wie Bürgermeister Willi aus dieser Sackgasse finden will, ist unklar.
Bei einer Beendigung der Koalition mit FI kämen die drei verbliebenen Partner nur noch auf 20 der 40 Mandate im Gemeinderat und hätten keine Mehrheit. Dass die ÖVP den Rauswurf der bürgerlichen Fraktion FI und das Hereinholen eines neuen Partners – so sich einer finden würde – mittragen würden, ist unwahrscheinlich.
Mehrheitsverhältnisse
Im siebenköpfigen Stadtsenat, besetzt nach der Stärke der Gemeinderatsparteien, ginge sich noch eine knappe Mehrheit aus: Hier haben die Grünen zwei, ÖVP, FI und SPÖ je einen Sitz. Für die FPÖ sitzen zwei nicht amtsführende Stadträte mit am Tisch.
Die Karten durch vorgezogene Neuwahlen neu zu mischen, wird es eher nicht spielen. Dazu ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Gemeinderat notwendig. Die zeichnet sich bei Weitem nicht ab.
Kommentare