Innsbrucks grüner Bürgermeister hat jetzt einen blauen Vize
Um 11.30 Uhr übernahm Markus Lassenberger am Donnerstag erstmals von Bürgermeister Georg Willi (Grüne) die Sitzungsführung im Gemeinderat. Der hatte den nicht amtsführenden Stadtrat der oppositionellen FPÖ kurz zuvor zum Vize-Bürgermeister gewählt – in einem engen Duell mit SPÖ-Stadträtin Elisabeth Mayr.
Lassenberger erhielt in einer geheimen Wahl bei sechs Enthaltungen 18 Stimmen des 40-köpfigen Gemeinderats. Mayr kam auf 16 Stimmen. Und das, obwohl die Vierer-Koalition aus Grünen, Für Innsbruck (FI), VP und SP über 27 Mandatare verfügt.
„Ich bin selber ein bisschen überrascht“, meinte Lassenberger kurz nach seiner Angelobung zum KURIER und kündigte an: „Ich werde Repräsentationstätigkeiten wahrnehmen und überall hingegen, wo der Bürgermeister hingeht.“ Als erster Vize-Bürgermeister sei er zudem dessen offizieller Vertreter.
„Das ist nicht das, was ich brauchen kann. Das erschüttert mich“, kommentierte Bürgermeister Willi die Kür eines FPÖ-Kandidaten, die er verhindern wollte, aber die Rechnung ohne seine Koalitionspartner gemacht hat.
Wenn es noch einen Beweis gebraucht hätte, dass die Innsbrucker Stadtregierung zutiefst zerrüttet ist, diese Vize-Bürgermeisterwahl war es.
Nicht zum ersten Mal seit der Gemeinderatswahl 2018 steht dieses Konstrukt vor dem Zusammenbruch.
Neuwahl nicht ausgeschlossen
„Ich bin der Bevölkerung im Wort, dass die Stadt stabil regiert wird. Aber ich kann derzeit noch nicht sagen, was der beste Weg dorthin ist“, meinte Willi zum KURIER. Auf Nachfrage schloss er weder die Option von vorgezogenen Neuwahlen – dazu bräuchte es eine Zweidrittelmehrheit im Gemeinderat –, noch einen Rücktritt als Bürgermeister mit folgendem Neuantreten aus, um sich so den Rückhalt aus der Bevölkerung zu holen.
„Ich bin direkt gewählter Bürgermeister und habe das Vertrauen der Mehrheit“, ist Willi überzeugt. Wie es zu diesem neuen Tiefpunkt in der Zusammenarbeit der vier Parteien kommen konnte, ist für den Grünen schnell erklärt: Die Fraktion „Für Innsbruck" sei "die treibende Kraft“ für die Wahl Lassenbergers gewesen.
Die Liste von Willis Vorgängerin Christine Oppitz-Plörer hat genug Motive, dem Bürgermeister das Leben schwer zu machen.
Der hatte immerhin im Oktober 2019 mit seinen Mandataren der Opposition die notwendigen Stimmen geliefert, um Oppitz-Plörer als Vize-Bürgermeisterin abzuwählen. Als Motiv nannte Willi die Verantwortung der langjährigen Stadtchefin für das Millionendebakel beim Neubau der Patscherkofelbahn.
Oppitz-Plörer ließ sich aber nicht in die Politpension drängen und kündigte auch die Koalition nicht auf. Als Nachfolgerin für die Stellvertreterei einigte man sich auf die grüne Verkehrsstadträtin Uschi Schwarzl.
DemontageDie wurde wiederum nach einem Streit um deren Verkehrsprojekte im Dezember mit den Stimmen ihrer Koalitionspartner als Vize-Bürgermeisterin demontiert.
Stadträtin Mayr war nun die letzte Option aus den Koalitionsreihen für das Amt der Vize-Bürgermeisterin. Dass sie keinen Rückhalt von ihren Partnern erhielt, ist für Oppitz-Plörer „keine Koalitionsfrage“. Sie sehe die Wahl Lassenbergers "als Weckruf, ideologische Brücken abzubauen." Sie hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen, den zwei nichts amtsführenden FPÖ-Stadtsenatsmitgliedern Ressortverantwortung zu übergeben.
Wie es nun weitergeht, ist völlig offen. Oppitz-Plörer sieht den Bürgermeister gefordert, Führungsqualität zu zeigen. Die hat zuletzt auch die ÖVP immer wieder eingefordert. "Das Kasperltheater brauchen wir nicht mehr", sagt VP-Stadtrat und zweiter Vize-Bürgermeister Hannes Anzengruber.
Wie es nun weitergeht, ist freilich völlig offen.
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