Regeländerung: Gendern? Ja, bitte - aber ohne *

A Computer and Note Gender
Der Rat für deutsche Rechtschreibung empfiehlt möglichst inklusive Schreibweisen, ist aber gegen Unterstrich oder Binnen-I.
Von Uwe Mauch

Vorweg: Der Rat für deutsche Rechtschreibung, eine Art Parlament für alle Länder, in denen Deutsch gesprochen wird, hat bei seiner jüngsten Sitzung in Eupen in Belgien noch kein letztgültiges Wort gesprochen.

„Die Zeichen stehen aber auf Änderungen.“ Berichtet Christiane Pabst, ungekrönte Eminenz für Rechtschreibung in Österreich, dem KURIER. Es geht – neben ein wenig Kosmetik – um ein derzeit viel diskutiertes Reizthema.

➤ Mehr dazu: Widerstand aus Österreich gegen das Binnen-I

Interview mit  der Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs Christiane M. Pabst am 6.10.2015 inWien

"Bäuern" und Bäuerinnen

„Der Rat empfiehlt weiterhin das Gendern“, weiß Christiane Pabst, die Österreich in Eupen vertreten hat. „Doch darunter dürfen weder Verständlichkeit noch Vorlesbarkeit noch Lehrbarkeit leiden.“

Jüngste Studien hätten gezeigt: Egal ob Binnen-I, Sternchen, Unterstrich oder Doppelpunkt, diese vier Sparformen erfüllen die Kriterien nur bedingt. „Sorgen in erster Linie für mehr Verwirrung.“

Als Negativbeispiel führt die Chefredakteurin des Österreichischen Wörterbuchs das Amalgam Bäuer:innen an, das in der Kurzform Bauern und Bäuerinnen vereinen will, dabei aber ungewollt Bauern zu Bäuern macht.

Christiane Pabst wird sich daher bei der Abstimmung des Rats (vor Weihnachten in Mainz) der großen Mehrheit anschließen und gegen die Genderzeichen stimmen. Sie geht auch davon aus, dass diese ab Anfang 2024 in Schulen, Hochschulen und allen staatlichen Institutionen vorläufig ausgedient haben.

Ein Drama sei das für sie „auch als Frau“ nicht: „Denn ein an sich frauenfeindlicher Text wird ja nicht weniger frauenfeindlich, wenn er mit Binnen-I geschrieben wird.“ Zudem bietet die deutsche Sprache den sensibilisierten Schreibenden Alternativen: „Neutrale Formen wie Lehrperson, Paarformen wie Lehrerinnen und Lehrer und Sammelformen wie Lehrende.“

Regeländerung: Gendern? Ja, bitte - aber ohne *

Foto, aber Photovoltaik

Germanistin Pabst sitzt seit Anbeginn auch in der 2016 vom Rechtschreibrat eingesetzten Arge Gendern, weiß daher, dass immer kräftig Gegenrede zu erwarten ist.

Zur Beruhigung der Gemüter sagt sie prophylaktisch: „Es ist Ihnen unbenommen, in Ihrer privaten Korrespondenz nach Belieben mit Sternchen und Doppelpunkten zu gendern.“ Und: „Sprache verändert sich nun mal, auch die deutsche, sonst würden wir ja heute noch Mittelhochdeutsch miteinander kommunizieren.“ Gut möglich daher, dass das Binnen-I oder eine andere Sparform noch Konsens wird.

➤ Mehr dazu: Bilanz nach zehn Jahren Rechtschreibreform

Im Schatten der großen Genderdebatte die Kosmetik (siehe dazu die Grafik oben): Die Anglizismen sollen an das Regelwerk der deutschen Sprache angepasst werden. Daher darf künftig korrekt Coffee-to-go oder Coffeetogo angeboten werden, aber nicht mehr Coffee to go. Keine Regel im Deutschen ohne eine Ausnahme: Allinklusive soll insofern nicht empfohlen werden, weil das laut Rechtschreibrat nicht leicht lesbar wäre.

Ein endgültiges Aus droht dem Delphin, der künftig nur mehr als Delfin in deutschen Texten auftauchen darf. Ein Auslaufmodell soll ebenso das Telephon sein. Detto: die Geographie, die Photographie. Erläuterung von Germanistin Pabst: „Das sind nicht fachsprachliche Begriffe.“ Womit wir bei den fachsprachlichen Begriffen wie Photovoltaik und Phonetik gelandet wären. Bei ihnen ist weiterhin sowohl ph als auch f erlaubt.

PS: Ihr KURIER nimmt den Ratsentscheid de facto voraus.

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