Fünffachmord in Kitzbühel: Lebenslang für 26-Jährigen

TIROL: FÜNFFACHMORD IN KITZBÜHEL - PROZESS GEGEN 26-JÄHRIGEN
Der junge Mann habe sich "verraten und abgewiesen gefühlt". Das Geschehene tue ihm "unendlich leid".

Andreas E. wurde am Mittwochabend von einem Schwurgericht des fünffachen Mordes schuldig gesprochen. Das (nicht rechtskräftige) Urteil für die Bluttat lautet auf lebenslange Haft.

Als der Angeklagte gegen 9.30 Uhr den Schwurgerichtssaal im Landesgericht Innsbruck betritt, wird er von Kameraleuten bestürmt und belagert. 23 Journalisten aus dem deutschsprachigen Raum sitzen in den coronabedingt ausgedünnten Zuschauerrängen.

Das Medieninteresse ist enorm. Der Fall vom vergangenen Herbst sorgte weit über die Tiroler Grenzen hinaus für Erschütterung.

Fünf Opfer

Familienvater Rupert H. (59), Sohn Kevin (23), Mutter Andrea (51), Tochter Nadine (19) und ihr Freund Florian J. (24) – sie alle wurden in der Nacht auf den 6. Oktober 2019 im Haus von Familie H. in Kitzbühel nach und nach durch Schüsse aus nächster Nähe getötet.

Andreas E. (26), der Ex-Freund von Nadine, löschte ihre Leben mit einer Walther PPQ aus.

Prozessbeginn um 5-Fach-Mord: Schuldbekenntnis, aber keine Aussage zur Tat

Die Staatsanwältin schildert zu Beginn noch einmal die Geschehnisse der Tatnacht. Wie Andreas E., Samstagnacht mit Kevin, dem Bruder seiner Ex-Freundin Nadine, in Kitzbühel um die Häuser zieht und schließlich in einem Nachtlokal auf seine 19-jährige Ex-Partnerin trifft. Wie die beiden in Streit geraten.

Sie fährt heim ins Haus der Eltern. Er folgt ihr, wird vom Vater weggewiesen und kehrt noch einmal zurück. Nun kommt es vor dem Haus auch zu einem Streit mit Kevin und Nadine.

Kränkung als Auslöser

Die junge Frau soll ihrem Ex-Partner  gesagt haben, dass sie ihn ohnehin schon zwei Mal „beschissen habe“. Ihr Bruder, einer der besten Freunde des Angeklagten, lässt wissen, dass sie nun keine Freunde mehr seien.

Die Aussagen, die er in dieser Nacht hört, sind laut Verteidigerin Vanessa Heiss der Auslöser für die Tat. E. habe sich von der Familie, „die für ihn eine Zweitfamilie“ gewesen sei, „verraten und abgewiesen gefühlt“.

Die Staatsanwältin zitiert aus der Aussage des heute 26-Jährigen vor der Polizei: „Ich habe den Entschluss gefasst, wieder heimzufahren, die Pistole zu holen und sie alle umzubringen.“

„Schuldig“, lautet das Bekenntnis von Andreas E. am Mittwoch vor Gericht. In seinen Aussagen lässt er noch einmal das Zerbrechen der Beziehung Revue passieren. Nadine war 14, er 19, als die beiden zusammenkamen.

Ende 2018 soll es erste Probleme gegeben haben. Trotzdem zieht das junge Paar im Mai 2019 noch in eine Einliegerwohnung im Haus von Familie H. Im Juli macht Nadine Schluss.

Bilder jede Nacht vor Augen

Andreas E. schildert, wie er versuchte, sie zurückzugewinnen. „Man hat sich nicht ausgekannt, was sie möchte.“

Die Auskunftsbereitschaft des Maurers endet in seinen Erzählungen dort, wo Rupert H. in jener Nacht um 5.30 Uhr die Tür öffnet und das Töten seinen Lauf nimmt. „Das erlebe ich jede Nacht, bevor ich einschlafe. Das ist genug“, sagt E.

Nach etwa einer Stunde der Einvernahme stellt die vorsitzende Richterin die entscheidende Frage: Warum kam es dazu?

Das Unfassbare kann auch die Aussage des 26-Jährigen nicht fassbar machen. Er sei „gerade in dieser Nacht von vielen Seiten verletzt worden“, scheint sich E. das Geschehene selbst  erklären zu versuchen.

Und warum alle?

„Und warum mussten alle sterben“, fragt die Richterin? „Ich kann mir das selbst nicht erklären. Weil alles in der Nacht zusammengekommen ist.“ Der Angeklagte bricht in Tränen aus: „Niemand kann was dafür. Es war jeder unschuldig.“

Er könne sich nicht mehr an alle Details der Tat erinnern, beschreibt der Kitzbüheler. „Du hast so einen Tunnelblick und kommst nicht aus. Dass man jemand umbringt, hat niemand verdient. Es tut mir unendlich leid, was passiert ist.“

Fünffachmord in Kitzbühel: Lebenslang für 26-Jährigen

Für Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner gibt es jedoch „keinen Grund, dass er nicht anders handeln hätte können.“ Es möge für viele das Erschreckendste sein: „Aber Herr E. ist völlig normal.“ Es gäbe keine Hinweise auf eine Geisteskrankheit.

Laut dem Gutachten der Expertin war E. zurechnungsfähig. Kastner attestiert ihm eine holzschnittartige Denkweise in Schwarz und Weiß. Die Beziehung zu Nadine sei der „stabilisierendste Faktor in seinem Leben“ gewesen: „Er will zu irgendjemandem gehören.“

Kaltblütige Taten

Die Staatsanwältin fordert in ihrem Schlussplädoyer lebenslange Haft. Das Gericht folgt ihr. Die Geschworenen sprechen Andreas E. einstimmig schuldig. Das (nicht rechtskräftige) Urteil lautet auf lebenslange Haft.

Die Richterin erkennt einige mildernde Umstände, wie etwa das reumütige Geständnis und die bisherige Unbescholtenheit des Täters, an. Sie stellt aber in ihrer Begründung auch klar, dass "die Taten teilweise besonders kaltblütig" waren und "heimtückisch begangen wurden".

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