Vater starb nach Streit an Herztod: Sohn zu sechs Monaten Haft verurteilt
Ein 30-Jähriger, der sich vor dem Geschworenengericht ursprünglich wegen des Verbrechens des Mordes an seinem Vater verantworten musste, ist am Montag schlussendlich wegen Körperverletzung am Innsbrucker Landesgericht zu sechs Monaten Haft verurteilt worden. Aufgrund der Vorhaftanrechnung verließ der Mann, dessen Vater laut Obduktionsbericht an einem akuten Herzanfall starb, den Gerichtssaal als freier Mann. Das Urteil war vorerst nicht rechtskräftig.
Zu Beginn des Prozesses hatte der Angeklagte vor dem Geschworenengericht eine Tötungsabsicht bestritten. Er beteuerte, noch nie mit dem Gedanken gespielt zu haben, seinen Vater umzubringen, obwohl er ihn „verabscheut“ habe.
Zwei medizinische Sachverständige, darunter Walter Rabl, trugen Details aus ihren Gutachten vor. Demnach wies der Verstorbene mehrere Risikofaktoren auf - er litt an Diabetes, hatte einen ungesunden Lebenswandel, ein überdurchschnittlich schweres Herz und war übergewichtig. In seinem Blut wurden Cannabinoide festgestellt.
Zum Zeitpunkt seines Todes habe er zudem einen „übervollen Magen“ gehabt, so Rabl weiter. „Ausgedehnte Narben und Schwielen“ auf seinem Herzen würden darauf hindeuten, dass der Mann schon einmal einen Herzinfarkt erlitten hatte. Seine Herzkranzgefäße seien „höchstgradig verengt gewesen“, so die Gutachter unisono.
Der 52-Jährige war in den frühen Morgenstunden des 28. August auf einer Bank vor seinem Haus zusammengebrochen und wenig später verstorben. Der 30-jährige Sohn hatte sich offenbar kurz zuvor gewaltsam Zutritt zur Wohnung seines Vaters verschafft und dort randaliert, ihn geschlagen und ihm mehrfach mit dem Umbringen gedroht.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine einfache körperliche Tätigkeit zu einem akuten Herzinfarkt führt, sei um ein Vielfaches höher, als die Tatsache, dass ein solcher durch Emotionen wie Wut, Angst und Ärger ausgelöst wird, führte der Sachverständige aus. Er sei „zutiefst davon überzeugt“, dass der Herzinfarkt auch dann möglich gewesen wäre, wenn es nicht zum Zwischenfall mit dem Sohn gekommen wäre. Dieser habe sich zudem in den frühen Morgenstunden ereignet - die Uhrzeit könne aufgrund des Profils des Verstorbenen ebenso zu einer plötzlichen Verschließung der Herzkranzgefäße führen, so der Gutachter weiter.
Nachbarn belasten den Angeklagten
Zum Prozess waren mehrere Zeugen geladen, unter anderem drei Nachbarn des Verstorbenen. Sie berichteten von den Aggressionen des Sohnes zum vermeintlichen Tatzeitpunkt am 28. August 2021 und gaben allesamt zu Protokoll, dass dieser seinem Vater lautstark mit dem Umbringen gedroht habe. Zudem hatten alle gehört, wie der 30-Jährige dem Vater wiederholt die besagte Vergewaltigung vorgeworfen hatte. Ein Nachbar verständigte die Polizei, weitere versuchten den 52-Jährigen zu reanimieren, nachdem dieser nach dem Streit auf der Bank im Eingangsbereich des Hauses zusammengesunken war.
Familiäre Abgründe
Nach den Ausführungen der medizinischen Sachverständigen trug die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner ihre Erkenntnisse zur psychischen Verfassung des Angeklagten vor. Der 30-Jährige hatte bis zuletzt keinen Kontakt mit seinem Vater und war in einer Pflegefamilie aufgewachsen. Er habe laut eigenen Angaben erst kürzlich davon erfahren, dass der Vater seine Schwester im Jahr 2011 vergewaltigt hatte.
Kastner attestierte dem 30-Jährigen „gleich viel Wut auf den Vater, wie auf sich selbst“ und führte „Versäumnisse“ ins Treffen - so habe der Angeklagte etwa darunter gelitten, seine Schwester allein gelassen zu haben. Kastner nahm Bezug auf die „problematische Biografie“ des Mannes, betonte aber, dass dieser zum vermeintlichen Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Alkohol wirke aber enthemmend und könne zu kurzschlüssigen Handlungen führen. Eine „höhergradige psychische Störung“ liege nicht vor.
Lebenslange Haft droht
Der Angeklagte beteuerte, sich an das Geschehene nicht erinnern zu können und nicht gewusst zu haben, dass sein Vater schwer herzkrank war. Diese geschilderte Erinnerungslosigkeit hielt Kastner für glaubwürdig, beteuerte aber, dass die Alkoholisierung nicht zu einer „tiefergreifenden Störung des Bewusstseins“ geführt habe. Der 30-Jährige war also zurechnungsfähig.
Die acht Geschworenen würdigten die im Beweisverfahren vorbrachten Gutachten und Zeugenaussagen und kamen schließlich einstimmig zum Schluss, dass der Mann weder eine Tötungsabsicht verfolgte, noch beabsichtigte, ihn schwer zu verletzen. Laut Richter schlugen eine Vorstrafe und die Tatsache, dass sich der Mann heftig gegen die eintreffenden Polizisten gewehrt und einen davon verletzt hatte, erschwerend zu Buche. Mildernd sei jedoch der Umstand gewesen, dass der Einheimische stark alkoholisiert gewesen war.
Der 30-Jährige muss dem verletzten Polizisten nun 100 Euro Schmerzensgeld zahlen. Er meldete über seinen Verteidiger bereits Rechtsmittelverzicht an.
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