Prozess: Steirerin wollte 13-jährige Tochter ersticken

Schriftzug Schwurgerichtssaal
Mädchen wehrte sich und überlebte. 48-Jährige gilt wegen langer Krankheit als nicht zurechnungsfähig - Einweisung.

Sandra (Name geändert, Anm.) lag im Bett, als ihre Mutter ins Zimmer kam. Mit einem Polster in den Händen. Den drückte sie der 13-Jährigen auf das Gesicht, bis sie sich nicht mehr bewegte.

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Doch plötzlich begann sich Sandra zu wehren und konnte sich befreien: Das Mädchen schloss sich im Badezimmer ein. Ihre Mutter steht am Donnerstag in Graz vor Geschworenen. Weil die 48-jährige Steirerin seit langem an einer schweren psychischen Erkrankung leidet, gilt sie als nicht zurechnungsfähig

Da in solchen Fällen keine Anklage auf Verdacht des Mordversuches möglich ist, beantragt der Staatsanwalt nur die Unterbringung in ein forensisch-therapeutisches Zentrum. Die 48-Jährige ist deshalb auch nicht Angeklagte wie in Strafverfahren üblich, sondern Betroffene.

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Die Geschwister der 48-Jährigen alarmierten im Mai die Polizei. Erst bekam der im Ausland lebende Bruder einen Anruf der Steirerin, beschreibt der Staatsanwalt. Sie wisse nicht, was "in mich gefahren ist", soll sie am Telefon gesagt haben - sie habe eben Sandra ersticken wollen. Der Mann rief umgehend die zweite in der Steiermark lebende Schwester an, die die Exekutive einschaltete.

Im Verfahren werden Details aus der Vergangenheit der 48-Jährigen bekannt: Gute Schulbildung, doch sowohl Medizinstudium als auch Krankenpflegeschule musste sie wegen starker Depressionen abbrechen. Diese ließ sie behandeln, aber nach dem Tod ihres Vaters vor ein paar Jahren seien die Depressionen stärker geworden. Sie wurden noch schlimmer, als die Mutter zu Jahresbeginn starb.

Seither hätte sie nur noch Angst gehabt, schildert sie - "sogar vor dem Einkaufen gehen". Deshalb plante ihren Suizid. Aber dann sei ihr eingefallen, dass Sandra sie dann tot finden würde und "ihr Leben lang darunter leidet". Ihr Ausweg sei gewesen, Sandra mitzunehmen.

Sie sind in einer verzweifelten Lebenssituation und brauchen Hilfe? Sprechen Sie mit anderen Menschen darüber. Hilfsangebote für Personen mit Suizidgedanken und deren Angehörige bietet das Suizidpräventionsportal des Gesundheitsministeriums. Unter www.suizid-praevention.gv.at finden sich Kontaktdaten von Hilfseinrichtungen in Österreich. In Österreich finden Frauen, die Gewalt erleben, u.a. Hilfe und Informationen bei der Frauen-Helpline unter: 0800-222-555, www.frauenhelpline.at; beim Verein Autonome Österreichische Frauenhäuser (AÖF) unter www.aoef.at; der Wiener Interventionsstelle gegen Gewalt in der Familie/Gewaltschutzzentrum Wien: www.interventionsstelle-wien.at und beim 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien: 01-71719 sowie beim Frauenhaus-Notruf unter 057722 und den Österreichischen Gewaltschutzzentren: 0800/700-217; Polizei-Notruf: 133)

Die - nicht rechtskräftige - Entscheidung der Geschworenen fällt am Nachmittag: Die Steirerin wird eingewiesen. Gerichtspsychiater Manfred Walzl beschreibt zuvor, dass die Betroffene eine  "schwer depressive Episode mit psychotischen Symptomen“ habe,  Psychologin Anita Raiger sieht zudem eine "schwere Angststörung“.

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