Politiker appellieren an die Österreicher: "Hallo, aufwachen!"
In der außerordentlichen Nationalratssitzung Sonntagfrüh wurde die Corona-Kurzarbeit beschlossen. In ihren Reden appellierten Regierungsmitglieder und Abgeordnete an die Bevölkerung, sich an die Maßnahmen zu halten und das Haus nicht zu verlassen.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erinnerte - noch einmal und wieder eindringlich - an die aktuelle Situation in Italien und daran, dass es "dort sterbende Menschen gibt, die sich von ihren Angehörigen nur noch telefonisch verabschieden können, weil die Ansteckungsgefahr zu groß ist. Dass die Ärzte dort entscheiden müssen, wen sie behandeln, weil die Kapazitäten nicht mehr ausreichen, um alle zu behandeln, die Hilfe brauchen."
Das sage er deshalb so deutlich, weil "noch immer nicht alle den Ernst der Lage erkannt haben". Ab Montag werden in Österreich deshalb auch Sportplätze, Spielplätze und andere Plätze geschlossen. Wer sich nicht daran hält, muss mit Strafen von bis zu 3.600 Euro rechnen. Mehr dazu hier:
Aufforderung zur Selbst-Isolation
Kurz forderte die Bevölkerung auf, sich "selbst zu isolieren". Was das bedeutet? Soziale Kontakte nur mit jenen zu pflegen, mit denen man auch zusammenlebt. "Liebe Österreicherinnen und Österreicher: Bleiben Sie zu Hause", appellierte der Bundeskanzler an die Bevölkerung. Und verwies einmal darauf, dass es nur noch 3 Gründe gibt, das Haus zu verlassen:
1. Berufsarbeit, die nicht aufgeschoben werden kann
2. Dringend notwendige Besorgungen wie Lebensmittel oder der Gang zur Apotheke
3. Anderen Menschen zu Helfen
Wer das Bedürfnis hat, sich die Füße zu vertreten, soll das „ausschließlich alleine oder mit den Menschen tun, mit denen man zusammenlebt. "Keinesfalls" soll man sich mit Menschen treffen, mit denen man nicht zusammenlebt.
Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP)
"Hallo, aufwachen!"
Auch Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) war in seiner Rede vor dem Nationalrat mehr als deutlich. Dass manche Sportvereine noch immer Trainings abhalten - nämlich mit der Begründung, dass Kinder keine Symptome zeigen würden und nur leichte Krankheitsverläufe hätten - sei "völlig pervers und absurd". "Hallo, aufwachen!", rief Kogler.
Anweisungsbefugnis habe er zwar nicht, aber wer die Aufforderungen ab Montag nicht umsetzt, „kann sich jahrelang von Förderungen verabschieden“, warnte der für Sport zuständige Vizekanzler.
Er appellierte außerdem an die Österreicherinnen und Österreicher, Abstand zu halten. "Das ist das, was am meisten hilft. Bitte halten Sie sich daran." Wer hinaus muss, solle sich "auf keinen Fall" in größeren Gruppen treffen. Es könne nicht sein, dass "sich viele in den Parks, auf der Mariahilfer Straße geradezu drängen". Die Regierung werde "alles daran setzen, das zu unterbinden".
Vizekanzler Werner Kogler (Die Grünen)
"Seien Sie besonnen und diszipliniert"
SPÖ-Chefin und Klubvorsitzende Pamela Rendi-Wagner mahnte in ihrer Rede zur Solidarität. Die gesetzten Maßnahmen seien notwendig, aber ob sie ausreichen, könne "zum jetzigen Zeitpunkt niemand mit Sicherheit sagen".
Die Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken, sei "sehr, sehr groß", sagte Rendi-Wagner, Ärztin mit Fachgebiet Infektiologie und Tropenmedizin und ehemalige Leiterin der Sektion für Öffentliche Gesundheit in Österreich: "Die Gefahr ist nicht gebannt", die Gefahr, sich mit dem Virus anzustecken sei sogar "sehr, sehr groß", erklärte Rendi-Wagner.
Deshalb richtete sie einen eindringlichen Appell an die Bevölkerung: „Seien sich achtsam, seien Sie besonnen und diszipliniert und halten sie sich daran.“
Man müsse jetzt besonders auf die älteren Mitbürgerinnen achten, viele hätten nun Angst, allein zu sein. Man müsse nun für die Älteren da sein, einkaufen gehen, zur Apotheke gehen, ihre Sorgen ernst nehmen. "Auch wenn es nur darum geht, mit dem Hund spazieren zu gehen", sagte sie.
Die SPÖ-Chefin forderte einen "Schutzschirm für die Arbeitsplätze und Unternehmen". Die zur Verfügung gestellten vier Milliarden Euro seien ein erster Schritt, aber nicht genug.
Pamela Rendi-Wagner (SPÖ)
"Corona mit Zuversicht und Zusammenhalt begegnen"
Der Klubomann der FPÖ, Herbert Kickl, erklärte, dass Zeit der "entscheidende Faktor im Kampf um die Gesundheit und das Leben der Eltern- und Großelterngeneration ,die dieses Land aufgebaut haben."
Es gehe nun darum, negative Folge für die Unternehmen, Arbeitnehmer und Betriebe abzuhalten. "Das ist das große Gemeinsame, das jeder in unserem Land spüren kann", sagte Kickl. Das Virus habe "uns alle" in seinen ganz negativen Bann gezogen. Um diesen Bann zu durchbrechen, brauche es eine "große, gemeinsame Kraftanstrengung".
Man könne Corona nur mit "Zuversicht, Vertrauen, Erfolg, Zusammenhalt, Schutz und Hilfe und letztendlich mit einem Sieg des Optimismus" begegnen.
Herbert Kickl (FPÖ)
"Aufeinander schauen, umsichtig sein"
Noch bevor Beate Meinl-Reisinger, Klubobfrau der Neos, ihre Rede im Nationalrat ihre Rede begann, desinfizierte sie ihre Hände. Dann appellierte sie sogleich an die Österreicherinnen und Österreicher: "Man muss aufeinander schauen, umsichtig sein - aber auf Distanz", wie sie betonte.
Die Maßnahmen seien einschneidend, aber notwendig. "Es geht aber auch um die Einschränkung der Freiheit in einem Ausmaß, wie wir das Gottseidank noch nie erlebt haben." Neos würden solche Maßnahmen nicht leichtfertig tragen, aber diese Maßnahmen seien "richtig, wichtig und sicherlich nicht zu früh".
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