Politik in der Corona-Krise: Ohne Maske geht es nicht
Wer trägt was? Selbstgenäht? In Parteifarbe? Oder gar nur jene Art Mund-Nasen-Schutz, der vor Eingängen zum Supermarkt ausgehändigt wird?
Die Sitzung des Grazer Gemeinderates am Donnerstag ist anders. Erstens, weil sie in einem der großen Räume der Stadthalle stattfindet und nicht im angestammten Sitzungssaal des Rathauses. Zweitens, weil die Gemeinderäte einzeln an eigens aufstellten Tischen sitzen, in Reihen, die wie mit dem Lineal abgemessen wirken. Drittens, weil alle Teilnehmer Politiker, Beamte und Journalisten die verpflichtend verlangten Masken tragen.
Und viertens, weil erstmals überhaupt eine Sitzung des Grazer Gemeinderates via Livestream übertragen wurde. Vom ersten Antrag bis zur Durchführung hat es gut zehn Jahre gedauert.
Bürgermeister Siegfried Nagl (ÖVP) trägt übrigens den aus dem Supermarkt bekannten Mund-Nasenschutz, seine Vize Mario Eustacchio (FPÖ) eine blaue Stoffmaske mit weißen Tupfern. KPÖ-Chefin Elke Kahr hat gar zwei Modelle parat: Jenes mit den lustigen Comics drauf „hab’ ich meiner Enkelin geklaut“, schmunzelnd die Verkehrsstadträtin.
Diese Masken behalten die Politiker übrigens während der Sitzung auf, nur zum Reden legen sie sie ab. Das Rednerpult wird nach jedem Sprecher desinfiziert. „Eine historische Sitzung“, merkt Nagl an. „Eine, wie wir sie uns eigentlich nicht wünschen. Aber wir wollen den Menschen zeigen, wie in der Stadt gearbeitet wird.“
Erste Sitzung seit Februar
Sehen können die Grazer die Sitzung nur via Internet, auch das ist anders als sonst: Direkt in dem Saal im ersten Stock dabei sein dürfen neben den Politikern und deren engsten Mitarbeitern nur hohe Beamte und Journalisten. Die Tagesordnung ist kurz, man erledigt nur das Nötigste, noch gilt ja Kontaktbeschränkung auch unter Gemeinderatskollegen.
Seit Februar tagt das Gremium zum ersten Mal: Die reguläre Sitzung am 12. März wurde im Einvernehmen aller Parteien schon unter dem Eindruck der Pandemie abgesagt, noch bevor der Staat den Lockdown vorgab. Die Stadtverwaltung lief zunächst auf Not-, später auf Krisenbetrieb, wie Nagl schildert: Rund 1.000 Telearbeitsplätze für Heimarbeit wurden hochgezogen, das Bildungshaus Mariatrost als Covid-19-Notquarantänequartier gerüstet.
Selbst die Stadt Graz musste auf Kurzarbeit zurückgreifen; das betraf rund 2.000 Mitarbeiter in den ausgegliederten Gesellschaften, vom Kindermuseum bis zur Holding Graz mit den Verkehrsbetrieben. Die Bereiche mit üblicherweise viel Behördenverkehr verlegten sich auf Telefoninformation, doch es geht aufwärts: Ab 15. Mai „werden wir wieder Kundenfrequenz in den Ämtern erleben“, kündigt Nagl am Donnerstag an. „Wir sind im Moment ziemlich gut durch die Krise gekommen, aber es warten ziemliche Herausforderungen auf uns.“
Loch im Budget
Da geht es auch um Geld. Die Stadt wird in diesem Jahr um einiges weniger einnehmen als üblich. „Unsere Cashcows, die uns jedes Jahr Millionen liefern, werden das heuer nicht können“, betont Nagl, dazu zählen der Flughafen Graz und die Werbefirma Ankünder. Das dürfte ein Loch in das Budget reißen.
Die nächste Sitzung steht am 14. Mai an, möglicherweise wieder in der Stadthalle, aber wahrscheinlich wieder mit Masken im Gesicht. „Man gewöhnt sich“, kommentiert ein Teilnehmer. „Auch an halbe Gesichter.“
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