Pflegereform: Gemeinden wollen mitverhandeln
Wenn sich die künftige Bundesregierung mit der Zukunft der Pflege befasst, dann will Gemeindebundpräsident Alfred Riedl am Verhandlungstisch Platz nehmen. Er hat das Gefühl, dass Bund und Länder bei diesem Thema die Rolle der Gemeinden zu wenig im Blickfeld haben. Eine Bestätigung dafür sieht er im Ergebnis einer Online-Befragung, an der vor Weihnachten 570 Gemeinden aus ganz Österreich teilgenommen haben. 67 Prozent der Bürgermeister geben an, dass bei der Pflege auf die Bedürfnisse der kommunalen Ebene nicht ausreichend Rücksicht genommen wird.
Für Alfred Riedl gibt es auf der einen Seite den finanziellen Aspekt, weil auch die Kommunen bei den verschiedenen Pflegekosten zur Kasse gebeten werden: „Seit 2012 sind die Ausgaben für die Pflege um 31 Prozent gestiegen. Bei der Finanzierung der Pflege müssen Bund und Länder die Gemeinden viel stärker unterstützen. Als Gemeindebund müssen wir auch bei den notwendigen Reformen direkt mitreden und mitverhandeln.“
Auf der anderen Seite ist es die Frage der Organisation der Pflege. Immerhin noch 35 Prozent der Gemeinden haben angegeben, dass sie sich nicht hinreichend informiert fühlen, um den Anliegen und Sorgen der Bevölkerung zufriedenstellend begegnen zu können. Für 54 Prozent ist der Informationsstand hingegen ausreichend.
Leichter fällt es da jenen Gemeinden, in denen stationäre Pflegeeinrichtungen wie Pflegeheime beheimatet sind. Sie zählen zu den zentralen Ansprechpartnern in Fragen der Pflege. Dahinter folgen allerdings schon die Gemeinde- und Sozialämter. Noch vor Hilfsorganisationen und Bezirkshauptmannschaften.
Wichtiger als Klima
Ein interessantes Detail aus der Umfrage ist die Einschätzung, welches Problem auf kommunaler Ebene derzeit als das dringendste gilt. Da halten 82 Prozent der befragten Gemeinden die Pflege für das dringendste und brisanteste Thema. Dann folgen etwa Kinderbetreuung, Schule und Infrastruktur. Und erst weiter dahinter sind die medizinische Versorgung, die Arbeitsplatzsicherheit und der Klimaschutz zu finden.
Fast die Hälfte der Bürgermeister empfindet außerdem die Organisation der Pflege in der Gemeinde als besonders herausfordernd.
Die Online-Umfrage wurde vom Gemeindebund gemeinsam mit der SeneCura-Gruppe durchgeführt, die als privater Betreiber in 57 Gemeinden mit Sozialzentren vertreten ist. Aufgrund der Ergebnisse will der Gemeindebund gemeinsam mit SeneCura nun das Pflegethema noch näher beleuchten.
Dazu wurde das Wirtschaftsforschungsinstitut WIFO mit einer umfangreichen Studie beauftragt, die im Jänner starten wird.
Zwischen 21. 11. und 9. 12. 2019 hat das Gemeindeportal Kommunalnet in Kooperation mit SeneCura die Online-Befragung durchgeführt. Von den 2.015 Gemeinden in Österreich haben 570 teilgenommen. Die Umfrage soll Grundlage für eine Studie zu „Gemeinden und Pflege“ sein.
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