Personalmangel bei der Justiz: Heer soll im Häf’n aushelfen
In den Justizanstalten brodelt es – Personalmangel ist der Grund dafür. Seit Jahren kennt man das Problem, seit Jahren ist es ungelöst.
Etwa 3.300 Beamte sind in den österreichischen Gefängnissen für den Strafvollzug zuständig. „Uns fehlen zumindest 300 Beamte in ganz Österreich“, diagnostiziert Roman Söllner. Er ist Mitglied im Zentralausschuss der Justizwachebeamten. Seine Justizanstalt: Krems-Stein in NÖ.
„Bei uns fehlen zumindest 20 Personen, obwohl die Planstellen besetzt sind“, schildert er. Das deshalb, weil viele Bedienstete kürzer arbeiten wollten, in Karenz oder Krankenstand sind. Sein Plan: „Aufgrund der prekären Situation in unserer Justizanstalt überlegen wir, eine Assistenzleistung des Bundesheeres anzufordern.“ Soldaten sollen die Justizwachebeamten in ihrer täglichen Tätigkeit unterstützen, so Söllners Plan. Vor etwas mehr als 15 Jahren habe es das schon gegeben, betont Söllner.
Mitarbeiter gesucht
Händeringend suche man nach Personal, bestätigt auch Martin Schöpf, ebenfalls Mitglied des Zentralausschusses der Justizwache. Er versieht seinen Dienst in der Justizanstalt in Innsbruck, wo es noch schwerer sei, Nachwuchs zu finden, als im Osten: „Es ist wichtig, ein attraktiveres Bild des Justizwachebeamten in der Öffentlichkeit zu zeigen, um junge Menschen für den Beruf zu finden.“
Ein schwieriges Unterfangen, wenn sogar die altgedienten Mitarbeiter gehen. Der Kremser Personalvertreter Söllner hat in der letzten Zeit „viele Austritte dienstälterer Kollegen“ registriert. Für ihn ist klar: „Das ist definitiv auf die Überlastung zurückzuführen. Die Stundenleistungen sind enorm.“
Verschärft wird die Situation noch durch die Hacklerregelung, die ab Jänner 2023 auch für einen Teil der Justizwachebeamten gilt. Ab Februar können die ersten Beamten dann frühzeitig in Pension gehen. 150 Personen würden unter die Regelung fallen, wie die Personalvertretung schätzt. Dazu erreichen geburtenstarke Jahrgänge das Pensionsalter.
Eskalation in Graz
In der Justizanstalt Graz-Jakomini ist die Sache zuletzt eskaliert. Bedienstete haben sich schriftlich an die Anstaltsleitung gewandt. „Wir haben die Kontrolle verloren“, prangern die Abteilungskommandanten an und belegen das mit Beispielen. Vorfälle, die durch den Personalmangel ausgelöst werden, sich häufen und dadurch zur stärkeren Belastung werden.
Tätliche Angriffe, weil Beamte alleine sind, Übergriffe, die ohne Konsequenzen bleiben, Fehlverhalten, das mangels Möglichkeiten nicht unterbunden werden kann. Und sich somit fortsetzt. Ein Teufelskreis.
Probleme mit Häftlingen gebe es, auch personelle Engpässe, das bestätigt der stellvertretende Leiter der Justizanstalt Jakomini, Manfred Ulrich. „Die Kontrolle haben wir aber nicht verloren, auch nicht die Mitarbeiter“, stellt er klar. Es habe bereits ein klärendes Gespräch gegeben, die angebotene Unterredung zwischen Ministerium, Anstaltsleitung und Personalvertretung werde auch zu einer größeren Zufriedenheit unter den Bediensteten führen, ist Ulrich überzeugt.
142 Stellen unbesetzt
Aus dem Ministerium heißt es: "Der besagte Brief ist uns bekannt und wird aktuell intern geprüft. Die nächsten Schritte des Bundesministeriums für Justiz werden darin bestehen, gemeinsam mit dem Anstaltsleiter und der Personalvertretung Maßnahmen zu treffen, die eine Hebung der Mitarbeiterzufriedenheit zum Ziel haben."
Die pauschale Aussage, generell würden in den Justizanstalten Missstände bestehen, die die Sicherheit und Ordnung gefährden und durch die Umsetzung des Vollzugshandbuches, das eine Handlungsanweisung für Strafvollzugsbedienstete darstellt, noch gefördert werden, werde strikt zurückgewiesen.
Zur Personalproblematik sagt die Sprecherin des Ministeriums: "Wir investieren und arbeiten bereits seit längerem intensiv am Thema Job-Recruiting, wie hielten und halten während der Pandemie z.B. online Recruiting-Tage ab. Dies war bisher ein Erfolg. Aktuell sind österreichweit 142 Exekutivdienstplanstellen unbesetzt und daher gilt der Nachbesetzung dieser Planstellen derzeit das höchste Augenmerk. Bei den Bewerbern ist ein leichter Aufwärtstrend zu verzeichnen."
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