Wie gefährlich ist der aktuelle Ozonwert?

Eine Wasserrutsche über der die Sonne scheint
Angst ist nicht angebracht, aber: Überanstrengungen sollte man in der Hitze vermeiden.

Der prominente deutsche Meteorologe Jörg Kachelmann nahm sich am Montag, wie auch sonst häufig, kein Blatt vor dem Mund. Er sah „katastrophale Ozonwerte“ in und um Wien, im Freien Sport zu betreiben sei angesichts dessen generell „so gesund wie zwei Stangen Zigaretten“, bei Jugendlichen bestehe gar die „Gefahr irreversibler Schäden“.

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Die Stadt Wien informierte hingegen lediglich darüber, dass „bei einzelnen, besonders empfindlichen Personen und erhöhter körperlicher Belastung geringfügige Beeinträchtigungen“ auftreten können.

Zwei sehr unterschiedliche Interpretationen der Situation – doch welche stimmt?

Die Wahrheit liegt wohl, wie so oft, in der Mitte.

Klar ist: Steigen die Ozonwerte, ist auch die Belastung für die menschliche Gesundheit – und insbesondere für die Atemwege – durch diese sekundären Luftschadstoffe „deutlich erhöht“, sagt Umweltmediziner Hans Peter Hutter von der MedUni Wien.

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Sekundär heißt in diesem Fall, dass ein Schadstoff nicht direkt ausgestoßen wird, sondern aus einer chemischen Reaktion entsteht (siehe Infobox unten).

Gefährliche Reizgase

Ozon ist aber nur die „Leitsubstanz“ für weitere Schadstoffe, darunter das Spurengas Peroxyacetylnitrat (PAN), das etwa für Augenreizungen in Zeiten hoher Ozonwerte verantwortlich ist. Solche Stoffe sind hoch reaktiv, wenn sie auf menschliches Gewebe treffen, sagt Hutter: „Das sind äußerst starke Reizgase.“

So viel zur Theorie, doch wie hoch sind nun die Ozonwerte in und um Wien? Am Montag wurden die höchsten Werte am Hermannskogel und in Liesing mit jeweils knapp 190 µg/m³, am Dienstag in Klosterneuburg mit 198 µg/m³ im Einstundenmittel gemessen, womit die gesetzliche „Informationsschwelle“ von 180 Mikrogramm überschritten wurde – was zur verpflichtenden Meldung des Ozonwarndienstes der Stadt führte.

Schwellenwert

Ob diese Schwelle eventuell zu hoch angesetzt ist, darüber scheiden sich die Geister. Der „Zielwert für den Schutz der menschlichen Gesundheit“ laut Ozongesetz liegt mit 120 µg/m3 um ein Drittel niedriger – wenn auch als Mittelwert über acht Stunden. Und auch „die Vorsorgewerte liegen deutlich darunter“, sagt Hutter.

So empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation maximal 100 µg/m3 im Achtstundenmittel. Um Wien lag dieser Wert am Montag bei 154 µg/m3. Langfristig, so Hutter, zeige der internationale Trend aufgrund der ernsthaften Einflüsse auf die Gesundheit in Richtung niedrigerer Grenzwerte.

Heinz Tizek, Leiter des Bereichs Luftreinhaltung der Wiener MA 22 (Umweltschutz), sieht keine Notwendigkeit, die Grenzwerte zu senken. Auch sei keine Änderung auf EU-Ebene geplant.

Komplexe Mechanismen

Ohnehin sei es auch nicht möglich, einen Knopf zu drücken – etwa früher dazu aufzufordern, weniger mit dem Auto zu fahren – und dadurch die Konzentration zu senken. „Ozonchemie ist so komplex, sie füllt ganze Lehrbücher“, sagt Tizek.

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Zudem seien die aktuellen Überschreitungen ausschließlich kleinräumig – und schnell wieder vorbei.

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