Sie gilt als die berühmteste Weihnachtsrede Österreichs und heuer jährt es sich zum 75. Mal, dass diese Worte die Republik bewegten. Mit dem Satz „Ich kann Euch zu Weihnachten nichts geben“ hatte der damalige Bundeskanzler Leopold Figl drei Tage nach seiner Regierungserklärung am 24. 12. 1945 seine Radiorede begonnen und so nach dem Zweiten Weltkrieg an den Überlebenswillen appelliert. In einer Zeit, in der die Österreicher tatsächlich vor dem Nichts gestanden waren.
Rund um diese Rede ranken sich viele Geschichten. Sie sei so gar nicht gehalten worden, der Text (siehe Bild oben) sei etwa eigentlich ein anderer gewesen. Maria Kornhofer, die in Rust im Tullnerfeld (NÖ, Gemeinde Michelhausen) das Figl-Museum betreut ärgert sich, wenn sie von den Spekulationen hört. „Natürlich wurde die Rede 1945 gehalten“, sagt sie empört. Die Menschen hätten sie ja gehört. Auch für Anneliese Figl, Tochter von Leopold Figl, ist klar, „dass sie gehalten worden ist“. Und: „Es hat von uns niemand geahnt, dass die Rede einmal so eine Bedeutung haben wird.“ Sie war damals neun Jahre alt gewesen.
Tondokument erst 1965
Tatsache ist, dass es von der Weihnachtsrede aus dem Jahr 1945 keinerlei Aufzeichnungen gibt. Das Tondokument dazu stammt aus dem April 1965, wie Gerhard Jelinek in seinem Buch „Reden, die die Welt veränderten“ ausführlich schildert. Dass es dazu kam, ist Ernst Wolfram Marboe, dem ehemaligen ORF-Programmintendanten, zu verdanken. Marboe war mütterlicherseits ein Neffe der Figls und hatte seinen Onkel dazu überredet, diese Worte noch einmal für das Radio zu sprechen.
Im Buch schildert Marboe die Vorgeschichte so: „Ich bekam den Text der Figl-Rede aus 1945 von Hans Magenschab. Von der Original-Radioansprache gibt es keine Magnetaufzeichnung, aber er hat sie 1945 gehalten, dafür gibt es Ohrenzeugen. Ich bitt’ also die Tante Hilli: Wenn der Onkel Schwips – Schwips war Figls Verbindungs- und Coleur-Name in der CV-Studentenverbindung Norica – also wenn Onkel Schwips nächstes Mal ins Funkhaus kommt, sag ihm, dass wir seine Weihnachtsrede historisch aufnehmen wollen.“
Hans Magenschab beschreibt seine Erinnerungen an die Aufnahme im Buch so: „Ich erinnere mich noch, wie Figl den Text durchlas und dann erklärte: Ja, so etwas hab’ ich damals zu Weihnachten 1945 gesagt. Dann stellte er sich vors Mikrofon und sprach wortwörtlich den Text nach. Für mich war damit die bestmögliche Autorisierung gegeben. Die 40.000 Leute vor dem Stephansdom bis zur Pestsäule waren tief erschüttert, als Figls Weihnachtsrede ertönte, und Leopold Figl selbst schluchzte heftig.“
Der Anlass war, dass 1965 der 20. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs und der 10. Jahrestag des Staatsvertrages feierlich begangen worden war. Leopold Figl hatte dann den Text im Studio abgelesen. Damals war er bereits vom Krebs gezeichnet. Wenige Tage danach verstarb er am 9. Mai 1965.
Zeitreise nach Rust
Anneliese Figl besuchte anlässlich des Jubiläums mit dem KURIER das Museum in Rust, in dem das Leben ihres Vaters in all seinen Facetten dokumentiert ist. Natürlich kann dort auch das Tondokument der Weihnachtsrede nachgehört werden. Schon allein die Fahrt vom 19. Bezirk nach Rust ist für sie auch eine Vergangenheitsreise.
Wenn sie ihren Vater beschreibt, dann zählt sie nicht seine vielen politischen Ämter oder seine Rolle beim Zustandekommen des Staatsvertrags auf. Spontan erinnert sie sich daran, dass ihr Vater „nie Zeit gehabt hat“. Die Familie musste immer zurückstecken. Anneliese Figl: „Die Erziehung erfolgte in knappen, einprägsamen Worten. Verhandeln gab es für die Kinder nicht.“ Damals sei noch gefolgt worden, ergänzt sie mit einem leichten Schmunzeln.
Die Weihnachtsrede spielt auch bei den Ambitionen des St. Pöltner Bischofs Alois Schwarz eine Rolle, der einen Prozess einleiten will, damit Leopold Figl selig gesprochen wird. In einem Interview hat Bischof Schwarz gezielt auf diese Worte verwiesen. Sein Ansinnen findet mittlerweile durch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner auch politisch Unterstützung.
Leben
Der Bauernsohn wuchs in Rust im Tullnerfeld mit vier Schwestern und vier Brüdern auf. Nach der Volksschule in Rust ging er in St. Pölten ins Gymnasium und absolvierte danach die Hochschule für Bodenkultur. Mit seiner Frau Hildegard lebte er in Wien. Aus dieser Ehe gingen zwei Kinder, Tochter Anneliese und Sohn Johannes hervor
Polit-Laufbahn
Der ÖVP-Politiker war von 1945 bis 1953 der erste Bundeskanzler einer demokratisch legitimierten Regierung nach 1934. Von 1953 bis 1959 war er Außenminister, von 1959 bis 1962 Nationalratspräsident und von 1962 bis 1965 Landeshauptmann von NÖ. Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete er den Bauernbund neu und war Mitgründer der ÖVP
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