Öffi-Ausbau: Grüne fürchten wegen U5 um 200 Bäume

Karin Prauhart und Richard Heuberger von den Grünen Hernals stehen in der Hernalser Hauptstraße während gerade eien 43er durchfährt
Unter der Hernalser Hauptstraße soll ab den 2030ern die U-Bahn fahren. Die Bezirks-Grünen befürchten durch den Bau ein massives Baumsterben.

Über die Hernalser Hauptstraße kann man vieles sagen, nicht aber, dass man sich dort wahnsinnig gerne aufhalten würde. Das ist auch nicht so vorgesehen: Zwar verbreitert sich die zentrale Verkehrsader des 17. Bezirks stadtauswärts des Elterleinplatzes auf etwa 30 Meter, der Großteil dieses Raums ist aber exklusiv für den Kfz-Verkehr reserviert.

Neben der Hauptfahrbahn stehen den Autos noch zwei Nebenfahrbahnen plus Parkstreifen zur Verfügung. Zumindest finden auch breite Gehsteige und natürlich der eigenständige Gleiskörper für die Straßenbahnlinie 43 Platz, einen Radweg sucht man aber genauso vergeblich wie Aufenthaltszonen für die Anrainerinnen und Anrainer.

➤ Mehr lesen: Der Baustellensommer startet: Wo es überall Einschränkungen gibt

Prachtboulevard

Dennoch wirkt die Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge der Einwölbung des Alserbachs entstandene Hernalser Haupt weniger abweisend als vergleichbare Durchzugsstraßen in der Stadt. Das liegt an ihrem speziellen Charakter: Als eine der wenigen Straßen Wiens wurde sie als Avenue französischen Vorbilds konzipiert, also als breite Schnellverbindung zwischen Außenbezirken und Stadtzentrum mit Allee-ähnlichem Baumbestand.

Größtenteils Baumhaseln, ein paar Eschen und einige wenige Linden-Relikte geben der Straße ihre besondere Note. „Als Prachtboulevard ist die Hernalser Hauptstraße einzigartig für einen Vorort“, sagt die stv. Bezirksvorsteherin Karin Prauhart von den Grünen. „Sie ist einfach unser Wahrzeichen.“ Ein Wahrzeichen, das Prauhart jedoch akut gefährdet sieht.

In etwa zehn Jahren soll die neue, vollautomatische U5 den S-Bahnhof Hernals und damit die Vorortelinie S45 direkt mit dem Karlsplatz verbinden und auf ihrer neun Stationen dauernden Reise sämtliche anderen U-Bahnlinien kreuzen (siehe Grafik unten). Ein überfälliges Projekt. Ist der 43er doch seit Jahren notorisch überlastet, eine weitere Taktverdichtung in den Spitzenzeiten selbst abgesehen vom akuten Personalmangel bei den Wiener Linien nicht mehr möglich.

Alternative zum Auto

Als „Wiens größtes Klimaschutz- und Infrastrukturprojekt“ bezeichnen die Wiener Linien das seit Anfang 2021 in Bau befindliche Linienkreuz U2/U5. Der erhoffte Effekt: 550 Millionen eingesparte Pkw-Kilometer oder 75.000 eingesparte Tonnen CO2-Emissionen jährlich. Um die gleiche Menge CO2 aufzunehmen, müssten sechs Millionen 30-jährige Bäume gepflanzt werden, rechnen die Verkehrsbetriebe vor.

Öffi-Ausbau: Grüne fürchten wegen U5 um 200 Bäume

Ausgerechnet Bäume sind es nun auch, die Prauhart um ihren Prachtboulevard bangen lassen. In letzter Zeit hätten sich nämlich die Hinweise auf etwas verdichtet, was man bei den Hernalser Grünen erstmals vor etwa eineinhalb Jahren gehört haben will, erzählt sie: dass dem U-Bahn-Bau das identitätsstiftende Element der Straße, nämlich der Baumbestand, zum Opfer fallen soll.

Konkret geht es um den letzten Bauabschnitt vom Elterleinplatz bis zur S-Bahn. 125 Bäume säumen die Hernalser Hauptstraße zwischen Rosensteingasse und dem Bahnhof, 75 weitere stadtauswärts zwischen S-Bahn und Kainzgasse, also dem Abschnitt, wo die Wendeanlage der U5 entstehen soll.

Kein Einblick in die Planung

Die Grünen vermuten, dass die Trasse aus Kostengründen in offener Bauweise errichtet werden soll und die 200 Bäume der dadurch notwendigen Absicherung der Baugrube zum Opfer fallen sollen. Gesicherte Informationen liegen Prauhart jedoch nicht vor, SPÖ-Bezirksvorsteher Peter Jagsch habe auf entsprechende Anfragen immer nur ausweichend reagiert. Auch auf wiederholte KURIER-Anfrage reagierte Jagsch übrigens nicht.

Seitens der Wiener Linien gibt man sich unwissend: Das Projekt befinde sich noch im Stadium der generellen Planung und somit in der Zuständigkeit der MA 18 (Stadtentwicklung und Stadtplanung). Dort teilt man wiederum mit, die Planungen liefen „derzeit noch in enger Abstimmung und Zusammenarbeit mit allen relevanten Dienststellen, den Wiener Linien sowie selbstverständlich mit den betroffenen Bezirken“.

Der Baumschutz habe „im Sinne der Klimamusterstadt Wien wie bei allen Projekten oberste Priorität“, noch stünden aber nicht alle Details fest. Sobald das Projekt zur Detailplanung an die Wiener Linien übergeben werde, würden die Pläne „selbstverständlich öffentlich präsentiert“.

Wann es so weit sei? Keine Antwort.

Bäume als Hitzeschutzmaßnahme

Prauharts Blutdruck senkt das nicht gerade. „Die Bäume müssen erhalten bleiben“, sagt sie, nicht zuletzt als natürliche Klimaanlage in der sich immer weiter aufheizenden Stadt. „Die Mehrheit muss mit Hitze schlafen, leben, arbeiten. Ich verstehe nicht, dass die SPÖ nicht einsieht, dass die Stadt klimafit gemacht werden muss.“

Zudem habe man die Bäume nach der weitgehenden Rodung der früheren Lindenallee im Jahr 2002 erst mit viel Aufwand zum Gedeihen gebracht. „All das hat eine Stange Geld gekostet“, sagt Prauhart. Die Hernalserinnen und Hernalser hätten darum ein Recht darauf, dass diese Bäume weiterhin gut gepflegt werden und erhalten bleiben. Auch nach dem U-Bahn-Bau.

Kommentare