Ab heute geht wieder mehr auf der Westbahn – "neue" Strecke ab 15. Dezember
Riesige Regenmengen in großen Teilen Österreichs: Hunderttausende Menschen waren von der durch den menschengemachten Klimawandel massiv verstärkten Jahrhundertflut betroffen.
Viele leiden immer noch unter den Auswirkungen. Seit heute, 10. Oktober ein bisschen weniger, denn die "alte Weststrecke" fährt wieder zweigleisig.
Hochwasser-Auswirkungen auf Westbahnstrecke
Bis jetzt war der "Herzinfarkt auf der Infrastruktur-Hauptschlagader" der ÖBB doppelt betroffen. Die neue Westbahnstrecke ist gesperrt, die alte Strecke war nur eingeschränkt nutzbar. 550 Züge sind es im Normalbetrieb täglich, bis Mittwoch waren es nur 150.
Ab sofort sind fahren sowohl Westbahn als auch ÖBB wieder zwei Mal pro Stunde in jede Richtung. Die ÖBB in Minute 28 und 57 (nach der vollen Stunde), die Westbahn um viertel und dreiviertel jede Stunde – also um 23 Minuten früher als im ursprünglichen Fahrplan. Die längere Fahrzeit reduziert sich zwischen Wien und St. Pölten von derzeit 30 auf 23 Minuten. 25 Züge der Westbahn sind täglich in jede Richtung unterwegs.
90 Prozent des Angebots verfügbar
Der Fernverkehr ist wieder auf 90 Prozent der bisherigen Leistung, auch die Fernverbindungen nach Bregenz, München und Zürich werden wieder bedient. Die ÖBB legen die Abfahrten der Railjets so fest, dass diese ab St. Pölten die ursprünglichen Abfahrtszeiten erreichen.
Wichtige Info für Oberösterreich und Salzburg: Ab 10. Oktober werden auch die Bahnhöfe Vöcklabruck und Neumarkt am Wallersee wieder bedient.
Vollbetrieb ab 15. Dezember
Und am Mittwochabend verkündete ÖBB-Chef Andreas Matthä eine Art Weihnachtswunder für die Pendler auf der Weststrecke, das er am Donnerstag konkretisierte: Ab 15. Dezember, dem Zeitpunkt der Umstellung auf den neuen Fahrplan, ist die "neue Westbahnstrecke" wieder zweigleisig befahrbar.
Und das mit den gewohnten 230 km/h - also wieder unter 30 Minuten statt meist mehr als eine Stunde zwischen Wien und St. Pölten. Wenn denn die Pünktlichkeit funktioniert, was auch vor dem Hochwasser nicht immer gewährleistet war.
Und es wird eine handyfreie Zone auf der Strecke geben: Im besonders stark in Mitleidenschaft gezogenen Atzenbrugger Tunnel kann auf einer Länge von 2,5 Kilometern keinen Empfang hergestellt werden.
Vier Wochen Sperre 2025
Nächstes Jahr muss die "neue Westbahnstrecke" aber sozusagen nochmals in die "Reha". Denn um alle provisorischen Reparaturen fertigstellen zu können, muss die Strecke für vier Wochen erneut gesperrt werden. Wann ist noch offen, jedenfalls wird für diesen Zeitraum auch ein neuer Fahrplan erstellt.
Aber ein Teil der "neuen Weststrecke", nämlich jener zwischen Westbahnhof und Tullnerfeld, wird schon ab 4. November wieder in Betrieb genommen. Damit ist dieser Pendlerbahnhof wieder zumindest an Wien angebunden.
Ab 9. November dann der nächste Schritt: Die S 40 kann wieder zwischen Tulln und Tullnerfeld fahren, die S 80 wird zwischen Hütteldorf und Hauptbahnhof wieder in Betrieb genommen. Der Schienenersatzverkehr zwischen Tullnerfeld, Traismauer und St. Pölten läuft weiter.
Bis eben zum 15. Dezember, wo die "neue Westbahnstrecke" wieder vollständig befahrbar ist. Dann fährt die S 40 auch wieder zwischen Tullnerfeld, Traismauer und St. Pölten, ebenso die S 50 zwischen Westbahnhof und Altlengbach-Eichgraben.
100 Millionen Euro Schaden
In dieser Größenordnung werden sich die Kosten für die Reparaturarbeiten bewegen, bestätigte Judith Engel von der ÖBB-Infrastruktur. Sie versicherte gleichzeitig, dass sich keine anderen großen Infrastrukturprojekte - wie der Semmering- und der Koralmtunnel oder der vierspurige Ausbau der Westbahn von Linz Richtung Westen verzögern würden. Kleinere Projekte würden später realisiert werden. Vom Katastrophenfonds gibt es übrigens für die ÖBB kein Geld.
Evaluierung der Infrastruktur
Was jetzt auch gemacht wird: Anhand der aufgetretenen Schäden wird evaluiert, welche Planungsnormen künftig bei Infrastrukturprojekten angewendet werden müssen, und ob an neuralgischen Stellen bei der bestehenden Infrastruktur nachjustiert werden müsse. Alle 259 Tunnel werden diesbezüglich überprüft.
Engel stellte dabei auch die Überlegung in den Raum, dass bei Auftreten derartiger Schadensereignisse Tunnels frühzeitig geschlossen und gegen Wassereintritt abgeschottet werden.
Für eine bessere Stromversorgung werde jedenfalls gesorgt - gerade beim Atzenbrugger Tunnel sei diese aber so großflächig und sehr frühzeitig ausgefallen, deshalb habe auch nicht abgepumpt werden können. Wobei Engel eine - gesellschaftspolitische - Frage in den Raum stellt: "Wo wäre denn das Wasser gewesen, wenn es nicht in die großen Tunnelanlagen geflossen wäre?"
Denn gerade das Tullnerfeld habe sich als riesige Badewanne erwiesen. Einige Bahnhöfe stehen - wie so viele Einfamilienhäuser - immer noch im Wasser.
90 Prozent des Angebots verfügbar
Aber zurück zum aktuellen Status Quo: Der Fernverkehr ist ab 10. Oktober wieder auf 90 Prozent der bisherigen Leistung, auch die Fernverbindungen nach Bregenz, München und Zürich werden wieder bedient. Die ÖBB legen die Abfahrten der Railjets so fest, dass diese ab St. Pölten die ursprünglichen Abfahrtszeiten erreichen.
Wichtige Info für Oberösterreich und Salzburg: Ab 10. Oktober werden auch die Bahnhöfe Vöcklabruck und Neumarkt am Wallersee wieder bedient.
ICE: Endstation in Linz
Noch nicht ganz auf Schiene sind die ICE-Verbindungen aus Deutschland. Wenige können nach Wien durchgestellt werden, manche wenden ab 10. Oktober in Linz.
Nicht auf Schiene ist der Nahverkehr - weil Platz für den Güterverkehr benötigt wird, erläutert Sabine Stock vom ÖBB-Personenverkehr. Die Line S 80 etwa – hier wird auf die Wiener Linien verwiesen - kann nicht fahren, für die Linien S 50 und S 40 gibt es Schienenersatzverkehr, der Takt wird ab 10.10. von 30 auf 15 Minuten verdichtet.
Zugfahrten auf Scotty abrufbar
Wichtig für die Bahnkunden: Die neuen Fahrpläne sind auf Scotty und den ÖBB- und Westbahninfos abrufbar und in den jeweilige Apps buchbar. Die ÖBB appellieren aber: "Unbedingt Sitzplätze reservieren, die Reiselust wird mit dem größeren Angebot wieder stark steigen."
Apropos 10.10.: An diesem Tag endet auch die gegenseitige Anerkennung der Tickets zwischen ÖBB und Westbahn.
Die Strecke zwischen Tulln über Tullnerfeld nach Herzogenburg wurde am 28. September wieder für den Güterverkehr freigegeben.
Seither fahren auf der „alten Weststrecke“ Güterzüge auch tagsüber auf der Donau-Achse. Diese Lösung bringt laut ÖBB für den Güterverkehr bis zu 75 Prozent der üblichen Kapazitäten, statt der bisherigen 25.
Damit sei die Versorgungssicherheit der österreichischen und europäischen Industrie gesichert.
Und der Bahnhof Tullnerfeld bleibt weiterhin im fahrtechnischen Niemandsland - 6.000 Pendler täglich sind betroffen. Für die gibt es erst ab 4. November spürbare Erleichterung.
Nur ein schwacher Trost: Die Park & Ride-Anlage konnte wieder geöffnet werden - was Pendlerinnen und Pendlern zumindest den Umstieg vom Auto auf den Schienenersatzverkehr, der dort eingerichtet ist, erleichtert. Und ab 10.10. wird die Busdirektverbindung Wien, Tullnerfeld, St. Pölten verstärkt.
Besseres Angebot zum Flughafen
Verstärkt wird übrigens auch wieder die Anbindung des Flughafens vom Hauptbahnhof aus. Beginnend um 5.42 gibt es jede halbe Stunde einen Zug bis 22.45 Uhr, zurück von 6.33 bis 23.35 Uhr.
Dafür wird es am Deutschen Ecke wieder problematisch. Am 12.10. beginnt eine Teilsperre, die am 25.10. in eine Totalsperre übergeht. Dort werden Umleitungen und ein Schienenersatzverkehr eingerichtet.
"Züge durch nichts zu ersetzen"
ÖBB-Chef Matthä betonte am Donnerstag zur Kritik am Schienenersatzverkehr: "Bei diesem Ereignis hat man gesehen, dass Züge durch nichts zu ersetzen sind." Und rechnete vor, dass es für einen einfachen Cityjet etwa sechs bis sieben Ersatzbusse brauche - bei einem Halbstundentakt zumindest 24: "Diese Anzahl an Bussen gibt es nicht."
Kulanzregelungen für Kunden
Beide Unternehmen, ÖBB und Westbahn, versicherten schon zuvor, in den schwierigen Zeiten den Kunden gegenüber sehr kulant mit Rückzahlungen gewesen zu sein. Beim Klimaticket gäbe es die vereinbarten Rückzahlungen, wenn strukturell Verspätungen zu verzeichnen sind.
Wobei die ÖBB-Personenverkehrschefin in dieser Frage sagt: "Uns belastet strukturell das Ausland.“ Denn die Deutsche Bahn lande aktuell bei 60 Prozent. "Jeder zweite Zug ist ein Auslandszug", erinnert Stock und blickt in die Schweiz: "Dort werden verspätete Auslandszüge an der Grenze abgebrochen, um die Pünktlichkeit im Land aufrecht zu erhalten." Das wolle man in Österreich noch nicht machen.
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