Niedrige Wahlbeteiligung in der Stmk: "Warnsignal für Wien-Wahl"

GEMEINDERATSWAHLEN IN DER STEIERMARK
Laut Experten prägten auch Altlasten aus der Wahl 2015 das Ergebnis.

Für Experten ist der Ausgang der steirischen Gemeinderatswahlen am Sonntag nicht unbedingt überraschend. Denn zum einen sei der erste Urnengang in Zeiten von Corona freilich durch die Pandemie beeinflusst gewesen. Zum anderen seien die Ergebnisse der Wahlen von 2015, die durch die beiden Themen Gemeindezusammenlegungen und Beginn der Flüchtlingskrise beeinflusst waren, teils korrigiert worden.

„Unmut“ der eigenen Funktionäre

Wie OGM-Chef Wolfgang Bachmayer meint, hatten sich damals die rot-schwarzen „Reformpartner“ Franz Voves und Hermann Schützenhöfer den „Unmut“ der eigenen Funktionäre mit den Gemeindezusammenlegungen zugezogen. Diese waren gewissermaßen ein „Verlustprogramm für die beiden Bürgermeister-Hauptparteien“. Zudem waren 2015 die ersten „Vorboten der Flüchtlingswelle“ zu spüren.

Beides wurde von der FPÖ thematisiert, was dazu geführt habe, dass Rot-Schwarz „deutlich“ verloren und die Freiheitlichen sich damals verdoppelt hatten, so Bachmayer: „Was für Wahlen auf Gemeindeebene durchaus ungewöhnlich war.“ Am gestrigen Wahlsonntag sei das Pendel wieder zurückgeschwungen. Zudem blase der FPÖ derzeit nicht nur im Bundestrend heftiger Gegenwind ins Gesicht.

Auch Polit-Berater Thomas Hofer hat das Ergebnis der Freiheitlichen angesichts der gesamten Umstände erwartet. Zudem habe sich gezeigt, dass die FPÖ von Enttäuschung und Frust des Corona-Shutdown „ganz sicher nicht“ profitieren habe können. Bei der SPÖ ortete Hofer „Licht und Schatten“. Es sei noch nicht allzu lange her, da ist die SPÖ bei den Gemeinderatswahlen in der Steiermark mit der ÖVP beinahe gleich aufgelegen.

Davon sei man nun weit entfernt. Ein Faktor sei, dass die Sozialdemokratie „strukturell“ ein Problem habe. Auf der Habenseite sei jedenfalls zu verzeichnen, dass es der SPÖ gelungen ist, zumindest ihre Hochburgen halten oder auch ausbauen zu können. In der Steiermark ortet Hofer bei den Roten zudem ein „eklatantes Führungsproblem“, es fehle einfach eine Persönlichkeit wie der ehemalige Landeshauptmann Voves. „Es ist im Apparat nicht dieser Zug drinnen, der notwendig wäre“, konstatierte Hofer.

Keine große Auswirkung auf Bundespolitik

Weder Hofer („Lokal ist immer anders“) noch Bachmayer („Keine Auswirkungen“) geht davon aus, dass die Wahlen groß die Bundespolitik tangieren. Keinesfalls sei das Ergebnis eine Abrechnung mit dem Regierungskurs gewesen. Ob es eine Bestätigung ist, sei schwer zu sagen. Da bei kommunalen Wahlen immer lokale Gründe entscheidend sind.

Bei Grünen und NEOS zeige sich einmal mehr, dass sie bei solchen Wahlen Probleme haben, was die Struktur angeht, so Hofer. Beide hätten organisatorische Defizite auf Gemeindeebene, konnten aber auf „niedrigem Niveau“ zulegen. Laut Bachmayer sieht man bei den Grünen im „Prinzip“ immer noch, dass sie eine Partei der Städte und nicht des Landes seien. Obwohl Vizekanzler Werner Kogler ursprünglich aus der Steiermark stammt, gab es keinen „Bonuseffekt“. Offenbar werde er von seinen steirischen Landsleuten nicht mehr als Steirer wahrgenommen.

Beide Experten führten die um rund zehn Prozentpunkte eingebrochene Wahlbeteiligung auf die Corona-Pandemie zurück. Offenbar sei es nicht gelungen, den Menschen die Angst zu nehmen. Jedenfalls sei dies ein „Warnsignal“ für die bevorstehende Wien-Wahl Ende Oktober. Hofer erwartet diesbezüglich Diskussionen, was man tun kann, um die Stimmabgabe zu erleichtern. Jedenfalls werde in Wien auch die Briefwahl verstärkt wahrgenommen werden. Bachmayer hält auch eine Diskussion über eine etwaige Verschiebung des Urnengangs nicht für ausgeschlossen, sollte es zu einer zweiten Welle kommen.

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