Neues Hauptquartier: Der recycelte Bankenturm in Innsbruck
Rund um den Altbestand aus den 1970er-Jahren lässt die RLB Tirol ihre neue Zentrale wachsen. Revitalisieren statt Abriss gewinnt in Zeiten des Klimawandels im Sinne von CO2-Ersparnis an Bedeutung.
Für das beauftragte Bauunternehmen gleicht die Aufgabe jener beim Spieleklassiker Jenga, bei dem Holzklötze aus einem Wackelturm gezogen werden müssen, ohne ihn zum Einsturz zu bringen. Mitten in der dicht bebauten Innsbrucker Innenstadt entsteht gerade um das alte Hochhaus der RLB-Tirol-Zentrale das neue Hauptquartier der Bankengruppe.
„Der Bestandsturm ist wesentlicher Bestandteil des neuen Projekts“, erklärte Vorstandsvorsitzender Reinhard Mayr am Donnerstag im Rahmen einer Baustellenbesichtigung. Das künftige Quartier namens Raiqa, zu dem auch ein Hotel und diverse Geschäfte gehören sollen, nimmt schön langsam Formen an. Zunächst wurden die den Turm umgebenden Bauteile abgerissen und das Haupthaus entkernt, ehe vor einem Jahr der eigentliche Rohbau beginnen konnte.
Ohne Decken und Wände
„Die größte Herausforderung ist es, den Neubau mit dem Rückbau des Skeletts abzustimmen“, erklärte Markus Pfeifer von der ausführenden Strabag. Und die Herausforderung ist vor allem eine statische. Denn in den vergangenen Monaten seien rund 1.000 Teile – Decken und Wände – aus dem Turm geschnitten und gehoben worden.
Inzwischen ist davon praktisch nur noch die eigentliche Trägerstruktur aus Stahlbeton übrig geblieben. Um die Stabilität des alten Turms nicht zu gefährden, wurden die Treppenhäuser am Rand nur nach und nach abgebrochen, während parallel bereits mit dem Neubau begonnen wurde. Der übernimmt jetzt bereits die Stützung des Skeletts. Die Gebäudeteile beginnen miteinander zu verschmelzen.
Klingt kompliziert, ist es auch. Und billiger – daraus hat die Raiffeisen-Landesbank bereits bei der Projektvorstellung im Jahr 2020 kein Hehl gemacht – als mit einem Abriss wird es auch nicht. 155 Millionen Euro soll das Raiqa kosten, wenn es Ende 2025 fertiggestellt ist. Mayr betont den Nachhaltigkeitsgedanken, den die Architekten mit dem Erhalt des Turms ins Zentrum ihres Siegerentwurfs gestellt haben.
30 Prozent weniger CO2
Gegenüber einem Totalbbruch mit folgender Neuerrichtung würden bei diesem Einsatz 30 Prozent der CO2-Emissionen eingespart. „Das sind 1.360 Tonnen CO2-Äquivalent. Das entspricht 5.450.000 Kilometer mit dem Pkw“, rechnete Architekt Christoph Pichler von Pichler & Trautmann vor. Vor den Abrissarbeiten wurde auch das Interieur von den Lampen bis zum Banktresen im Sinne von „urban mining“ einer neuen Nutzung zugeführt.
Das entspricht nicht alleinig dem Recylingansatz. Die RLB Tirol ersparte sich dadurch auch Entsorgungskosten. Und mit Nachhaltigkeit lässt sich inzwischen zudem trefflich werben. Die Zurückhaltung bei der Abrissbirne rückt aber generell immer mehr ins Bewusstsein von Bauherren – wenn sie es sich leisten können.
„Das Bauen im Bestand übernimmt eine immer größere Rolle, so Strabag-Regionaldirektor Pfeifer. Sein Unternehmen würde gerade in diesem Bereich kräftig investieren. Das sei auch wichtig: „Der Platz wird nicht mehr. Wir werden uns auf die Bausubstanz konzentrieren und sie revitalisieren müssen.“
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