Neue Weinsorten: Winzer denken Wein in die Zukunft
Haben Sie schon von Blütenmuskateller, Muscaris oder Souvignier Gris gehört? Falls nicht, stehen Sie nicht allein da – die Existenz dieser Weißweinsorten hat sich unter österreichischen Konsumenten bis dato kaum herumgesprochen. Dabei wurden die sogenannten PIWIs – genau wie der Goldmuskateller – bereits vorigen Sommer im Zuge der Weinrechtsnovelle als neue Qualitätsweinsorten zugelassen. Winzer, die sie aussetzen, betreten weitgehend Neuland.
Vor allem, weil kaum vorhersehbar ist, wie die pilz-widerstandsfähigen (PIWI)-Sorten auf dem Markt ankommen werden. Aus ökologischer Perspektive liegt ihr Vorteil aber auf der Hand: Die hohen Resistenzen von Blütenmuskateller, Muscaris und Souvignier Gris gegen Pilzkrankheiten wie Oidium oder Peronospora (Echter bzw. Falscher Mehltau) machen weit weniger Pflanzenschutzmittel und somit auch weniger Traktorfahrten notwendig – was wiederum die Schadstoffemissionen sowie die Bodenverdichtung im Weingarten verringert.
Die relative Ertragssicherheit und die Pilzwiderstandsfähigkeit mache die PIWIs somit vor allem für niederschlagsreiche Regionen interessant, erklärt Johann Grassl, Weinbau-Referatsleiter in der niederösterreichischen Landwirtschaftskammer.
Geschmack
Die wahrscheinlich wichtigste Frage lautet aber: Wie schmecken die neuen Sorten?
Dazu hat Wolfgang Renner von der steirischen Versuchsanstalt Haidegg, wo seit 30 Jahren PIWIs getestet und sensorisch beurteilt werden, die meisten Erfahrungswerte.
So beschreibt er den Blütenmuskateller als „doppelt so duftintensiv wie den Gelben Muskateller“. Am Gaumen präsentiere er sich fruchtig – „mit Muskat-, Zitrus- und Cassis-Noten“. Und dank ausreichend Säure und Zucker bringe er auch das Potenzial für reifere Weine mit sich. In Cuvées oder Schaumweinen könne sich der Blütenmuskateller als Duftlieferant bewähren und dank guter Botrytis-(Edelfäule)-Werte sei er auch für Süßweine geeignet.
Der Muscaris mit seinen ausgeprägten Zitrusnoten sei eine Art „einfacher Muskateller“, sagt Renner. „Näher beim Muskat Ottonel als beim Gelben Muskateller“, an dessen „komplexe Feinheit“ er nicht ganz heranreiche.
Und der Souvignier Gris sei am ehesten „mit einem kräftigen Grauburgunder mit Riesling-Touch“ vergleichbar. Erwarten dürfe man sich „Steinobstaromen und einen Hauch Zitrus“. Dank Alkohol- und Säuregehalt habe auch dieser Weißwein, der aus roten Trauben gewonnen wird, Lagerpotenzial.
Erfahrung sammeln
Der wenig fäulnisanfällige Goldmuskateller (Moscato Giallo) ist keine PIWI-Sorte. Bei seiner Zulassung als Qualitätsrebsorte ging es aber ohnehin um eine „gesetzliche Richtigstellung“, wie Willi Klinger, Chef des Österreichischen Weinmarketings (ÖWM), erklärt. Viele Winzer hätten ihn bis dato nämlich nicht vom verwandten Gelben Muskateller unterschieden.
Mit PIWIs habe man nun jedenfalls die Chance, „Wein in die Zukunft zu denken“, meint Klinger. Um auf Umweltfaktoren adäquat reagieren zu können, habe der Gesetzgeber den Winzern „die vielversprechendsten Sorten zur Verfügung gestellt“. Und mit Donauveltliner oder Donauriesling (siehe Zusatzgeschichte) befänden sich weitere aussichtsreiche Neuzüchtungen in der Pipeline.
Nichtsdestotrotz tragen Winzer, die auf die neuen Sorten setzen, „ein gewisses Risiko“, betont Klinger. Denn über Erfahrungswerte punkto Marktauftritt verfüge man „erst in 10 bis 15 Jahren“.
In dieselbe Kerbe schlägt der Gamlitzer Winzer Walter Skoff, der zu den PIWI-Vorreitern zählt. Auf dem 60 Hektar großen biodynamischen Familienweingut setzte er bereits Muscaris und Souvignier Gris aus. Die ökologischen Vorteile der PIWIs haben ihn überzeugt, „die Ausdrucksstärke der Weine müssen wir aber erst austesten“. Nach der ersten Lese 2020 erwartet Skoff primär „duftige, animierende Jungweine“.
Kommentare