Neue Vorwürfe gegen die Westbahn
„Niemand ist fehlerfrei, wir sind aber im Direktvergleich mit anderen Eisenbahnunternehmen weit oben im Ranking“, sagt Erich Forster, Generaldirektor der privaten Westbahn. Oder anders gesagt: Er meint, dass die Westbahn im Vergleich zum großen Rivalen ÖBB viel besser dastehe. Doch die Privatbahn (369 Mitarbeiter) hat derzeit großen Erklärungsbedarf.
KURIER-Berichte über angebliche Sicherheitsprobleme bei Brandschutztüren und über mutmaßlich gefälschte Lokführer-Prüfungszeugnisse haben hohe Wellen geschlagen.
Zeugnisse einkassiert
Die Vorwürfe basieren auf umfangreich dokumentierten Anzeigen von zwei Ex-Westbahn-Lokführern und auf einer Anzeige des Verkehrsministeriums. Letztere wurde am 15. November bei der Staatsanwaltschaft Wien eingebracht.
Dazu muss man wissen, dass die Eisenbahnbehörde die Zeugnisse von fünf Westbahn-Lokführern einkassiert hat. Einer der Lokführer soll an seinem ersten Arbeitstag das Zeugnis für eine zweitägige Schulung von einem Prüfer erhalten haben, den er selbst nicht gesehen hat. Generell müssen Triebwagenführer für jeden Lokomotiven-Typ und für die verschiedenen Sicherheitssysteme (ECTS, PZB) eine entsprechende Lizenz vorweisen.
Verkehrsministerium
Sollte hier gemogelt worden sein, würde das schwerwiegende Konsequenzen haben.
Die Westbahn bestreitet das jedenfalls. Indes ist es kein Wunder, dass der Fall im Verkehrsministerium Priorität hat.
„Es trifft zu, dass die Sachbearbeiterin mit Nachdruck an den von Ihnen geschilderten Vorkommnissen arbeitet“, teilte das Verkehrsministerium einem Ex-Westbahn-Lokführer mit. „Es wurden bereits die nächsten Zeugenbefragungen anberaumt und es wird über die weiteren Ermittlungsschritte nach Auswertung der Zeugenaussagen entschieden.“ Die Westbahn räumt dem KURIER gegenüber lediglich „Fehler bei der Dokumentation“ von Zeugnissen der betroffenen fünf Lokführer ein.
Fehler saniert
Man habe die Fehler saniert und zusätzliche Kontrollmechanismen wurden fixiert. Die betroffenen Triebfahrzeugführer wurden laut Westbahn „neu geschult und neu geprüft“. Diese Rechtfertigung lässt ein Ex-Westbahn-Mitarbeiter nicht gelten. „Entgegen der Darstellung der Westbahn geht es hier um Manipulationen bei Ausbildungen für Triebfahrzeugführer, die gegen die Eisenbahn-Eignungs- und Prüfungsverordnung (...) verstoßen“, sagt der Ex-Westbahn-Lokführer. „Es geht um Urkundenfälschungen, also um Tatbestände, die nicht aus Versehen passiert sein können, sondern bewusst, systematisch erfolgt sind.“
Die Westbahn kontert. „Bei den vorgebrachten Vorwürfen handelt um eine höchst eindimensionale und verzerrende Darstellung (…) um haltlose Anschuldigungen durch zwei Ex-Mitarbeiter“, teilt die Westbahn mit. „Diese zielen offensichtlich darauf ab, dem früheren Arbeitgeber öffentlichen und wirtschaftlichen Schaden zuzufügen.“
Fehlende Ausbildung
So sei der Vorwurf, dass „die Westbahn im Servicebereich ungeschulte und ungeeignete Mitarbeitende einsetzt, ebenso völlig haltlos“. „Stewards und Quality Coaches wurden und werden im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben auf ihre Tauglichkeit untersucht, was lückenlos dokumentiert ist“, heißt es weiter.
Die Ausbildung erfolge in Übereinstimmung mit der Gesetzeslage. Indes legt der Insider nach. „Wenn Stewards keine Ahnung davon haben, wo sich im Zug Rettungsmittel befinden oder wie diese anzuwenden sind, dann ist von mangelnder Qualifikation auszugehen“, kontert der frühere Westbahn-Lokführer. Das sei seine Erfahrung aus dem laufenden Betrieb.
In Österreich gibt es 69 Eisenbahnunternehmen. Die Aufsicht hat die Oberste Eisenbahnbehörde im Verkehrsministerium. Sie erteilt und entzieht Verkehrsgenehmigungen und überwacht den Betrieb. Die Eisenbahnverkehrsunternehmen bilden ihr Personal selber aus und führen Prüfungen und Kontrollen selbst durch. Der Verkehrsverein mobifair, der die aktuelle Causa Westbahn aufgedeckt hat, fordert die Einführung einer zentralen staatlichen Ausbildungseinrichtung für Lokführer. Zugleich soll zur effektiven Kontrolle eine Eisenbahnpolizei eingeführt werden.
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