Dennoch: Die Frage, ob das wirklich ein außergewöhnlich warmer Winter in Europa war, muss klar mit Ja beantwortet werden. Der Winter war sogar bei Weitem der wärmste seit dem Beginn der Aufzeichnungen. Das teilte das europäische Copernicus Climate Change Service erst am Mittwoch in London mit. Demnach lag die Temperatur zwischen Dezember 2019 und Februar 2020 3,4° Celsius über der durchschnittlich gemessenen Temperatur aus den Jahren 1981 bis 2010 und 1,4° über dem bisher wärmsten Winter 2015/16.
In
Österreich lag der Winter um rund 2,7° Celsius über dem vieljährigen Mittel, der Februar im Tiefland lag sogar um 4,1° über dem Schnitt und war der zweitwärmste Februar in der 253-jährigen Messgeschichte.
Es gibt kaum eine Bäuerin oder einen Bauer, der die Auswirkungen der
Klimakrise nicht für die eigene Landwirtschaft bemerkt hat. Die Jahreszeiten verschieben sich, das ZAMG registriert schon lange für unterschiedliche Pflanzensorten, wann der Austrieb, der Blühbeginn oder die Fruchtreife stattfinden. Die Apfelblüte beispielsweise setzt bereits zwei Wochen früher ein.
Damit erhöht sich aber auch das Risiko, dass die Triebe bei Frost erfrieren. 2017 erfroren in der Champagne deshalb etwa ein Fünftel der Triebe. Die französischen
Weinbauern hatten rasch reagiert und in Fässern Feuer entzündet (Foto), um die Frostschäden möglichst gering zu halten. Sonst wären die Ausfälle wohl größer gewesen.
Das deutlich wärmere Klima hat natürlich auch Auswirkungen auf die Anbaugebiete. Der Önologe Pierre Huglin erkannte, dass jede Rebsorte eine bestimmte „Wärmesumme“ benötigt, um auf Dauer in einem Gebiet mit Erfolg kultiviert werden zu können („Huglin-Index“). Müller Thurgau oder Blauer Portugieser benötigen im Vergleich am wenigsten Wärme, in Österreich besonders beliebte Rebsorten wie Grüner Veltliner oder Riesling brauchen nur geringfügig mehr.
Hält die Erderwärmung an, und es gibt leider keine Anzeichen, dass das nicht der Fall ist, würden sich künftig andere, wärmeresistentere Reben empfehlen.
Harald Scheiblhofer von der Bundeslehranstalt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg bezweifelt dennoch, dass sich das Angebot der Winzer demnächst grundlegend ändern werde. „Die Österreicher wollen ja die Sorten trinken, die sie kennen und gewohnt sind, vom Veltliner bis zum Blaufränkischen“, erklärt der Experte.
Längst würden Winzer neue Strategien im Kampf gegen zuviel Sonne erfinden, etwa mehr Beschattung durch Blätter oder Netze. „Inzwischen gibt es auch Bestrebungen, Wein auch an den bisher wenig beliebten Nordhängen anzubauen, wo es kühler und weniger sonnig ist.“ Dass demnächst bei uns bisher unbekannte Sorten wie Aramon angebaut werden, schließt Scheiblhofer aus: „Dafür gibt es keinen Markt. Außerdem ist der Anbau dieser Sorte bei uns gesetzlich verboten.“
Er hält es aber auch für problematisch, auf Trauben wie Syrah zu setzen. „Wir haben uns mit unseren Weinen ja auch internationale Marken aufgebaut. Wollen wir wirklich mit Syrah-Spezialisten in Kalifornien oder Australien konkurrieren? Das wird schwierig werden.“
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