Naturschutz: Massive Kritik an geplanter Salzburger Gesetzesnovelle

Naturschutz: Massive Kritik an geplanter Salzburger Gesetzesnovelle
Landesregierung will Bau von Anlagen für Erneuerbare Energien beschleunigen - auf Kosten der Biodiversität, so die NGO-Kritik.

Der Umweltdachverband (UWD) mit seinen Mitgliedern Alpenverein, Naturschutzbund und BirdLife und der WWF haben am Mittwoch vor einer massiven und inakzeptablen Schwächung des Naturschutzes in Salzburg gewarnt. In ihren Stellungnahmen zu einem Anfang August vorgelegten Gesetzesentwurf der neuen ÖVP-FPÖ-Landesregierung lehnen sie die geplanten Änderungen klar ab. Diese liefen dem Schutz der Biodiversität zuwider. Für eine naturverträgliche Energiewende gebe es andere Wege.

Schwächung der Landesumweltanwaltschaft

Konkret geht es um eine Novelle des Salzburger Naturschutzgesetzes und die Streichung des Revisionsrechts der Landesumweltanwaltschaft (LUA) bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der Erneuerbaren Energien vor dem Höchstgericht.

Die ÖVP hatte sich in Salzburg schon vor der Landtagswahl im April für Änderungen stark gemacht. Die Volkspartei will nach dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine mehr Unabhängigkeit von russischem Gas und den Ausbau der Erneuerbaren wie Windkraft beschleunigen. Gerne weist Landeshauptmann Wilfried Haslauer auf die "viel zu langen" Verfahrensdauern für neue Anlagen hin.

Die Organisationen erkennen in ihren Stellungnahmen zwar an, dass es eine rasche Energiewende brauche. Die wichtige Rolle der Bundesländer bei der Umsetzung dürfe aber nicht auf Kosten des Umwelt- und Naturschutzes zu einer "unkoordinierten Energiewende" führen.

Pläne "fahrlässig und verantwortungslos"

Gerade in Zeiten der Zwillingskrise aus Klimaerhitzung und Biodiversitätsverlust in einem einzigartigen Ausmaß sei die Umweltanwaltschaft eine unverzichtbare Stimme für die Natur, so der WWF. Die vorgesehene Schwächung erschwere das Erreichen der Klima- und Biodiversitätsziele. In einer Aussendung nannte die Naturschutzorganisation die Pläne "fahrlässig und verantwortungslos".

Die Salzburger Landesregierung gehe einseitig vor und ignoriere die tatsächlichen Ursachen für lange Verfahren. "Die größten Bremsen sind mangelhafte und lückenhafte Unterlagen der Projektbetreiber sowie schlecht ausgestattete Behörden und Verwaltungsgerichte", so der WWF. Dazu komme eine großteils fehlende naturverträgliche Energieraumplanung. "Ohne Sicherung und Bewahrung intakter Ökosysteme, die als Kohlenstoffsenkend und dämpfend bei der Klimaerhitzung wirken, sind die Klimaziele nicht erreichbar", betonte auch Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

Keine Prüfung des konkreten Nutzens mehr

Bei der geplanten Novelle des Naturschutzgesetzes sorgen gleich mehrere Punkte für Kritik - allen voran der automatische Vorrang für Erneuerbare Energien bei der Abwägung der öffentlichen Interessen. "Das lässt keine weiterführende Abwägung zu, ob ein mit dem Bau einer Anlage einhergehender Eingriff in die Natur in einem sinnvollen Verhältnis zum Nutzen steht", heißt es in der Stellungnahme.

Werde der Vorrang des öffentlichen Interesses am Naturschutz in Frage gestellt, könnten nicht nur Kraftwerksprojekte, sondern auch Skilifte oder Hotels rasch unter den Deckmantel des öffentlichen Interesses umgesetzt werden, vermuten die Organisationen.

Zudem sieht der Entwurf vor, Bewilligungspflichten für Straßen, Wege und Nebenanlagen für Erneuerbare Energieanlagen wegfallen zu lassen. Im Fall des umstrittenen Windkraftprojekts Windsfeld in Salzburg würde das bedeuten, dass man ein Viertel der benötigten Fläche von 12 bis 18 Hektar ohne naturschutzrechtliche Bewilligung verbauen könne, beklagte der Alpenverein.

Nicht zuletzt sollen in Verfahren generell auch nicht amtliche Sachverständige beigezogen werden können. Die Naturschutzorganisationen befürchten, dass amtliche Sachverständige durch private ersetzt werden könnten, wenn der kritische Blick der Sachverständigen des Landes nicht erwünscht ist.

Umweltdachverband und WWF empfahlen als Maßnahmen heute unter anderem, die Effizienz bei bestehenden Energieanlagen zu erhöhen, eine Energiesparoffensive zu starten und bereits verbaute Infrastruktur wie Parkplätze, Industriehallen, Gewerbegebiete, Lärmschutzwände an Autobahnen oder Böschungen an Eisenbahntrassen für einen massiven Ausbau der Photovoltaik zu nutzen.

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