Nach Silvester-Randale: Anrainer fordern mehr Polizei
Es war eine durchaus stille Silvesternacht: Am Stephansplatz versammelten sich Menschen mit Abstand, ein Pärchen tanzte Walzer. Kameramänner suchten nach außergewöhnlichen Szenen. In Favoriten wären sie zeitgleich fündig geworden.
Knaller wie Bomben
Dort kam es kurz vor Mitternacht zu Ausschreitungen. „Es waren laute Knaller, wie Bomben zu hören“, erzählt Maria Engstberger, die Bewohnerin eines Hauses direkt am Reumannplatz. „Die Wände zitterten, ich rief sofort die Polizei“, erzählt sie.
20 bis 30 Menschen randalierten. Mit Raketen und Böller zerstörten sie Fensterscheiben, Mistkübel, Bänke und Auslagenscheiben wie jene der Bäckerei Felber. Ein 21-Jähriger schlug mit einem Mistkübel die Panzerscheibe des Juweliers Thurzo ein. Der große Christbaum am Reumannplatz wurde laut Polizei in Benzin getränkt. Zeugen berichteten, dass „Allahu Akbar“-Rufe zu hören gewesen sein sollen.
Rund 100 Polizisten rückten an, bei ihrer Ankunft wurden sie mit Böllern beschossen. Dann ergriffen die Randalierer die Flucht. Zwei Tatverdächtige konnte die Polizei in einem Wohnhaus festnehmen. Die beiden Syrer (16 und 21 Jahre) führten die Polizisten zu einer Wohnung mit sieben Personen im Alter zwischen 14 und 29 Jahren: Zwei Österreicherinnen (14 und 15 Jahre), zwei Iraker (20 und 22 Jahre) sowie drei Syrer (23, 27 und 29 Jahre). Acht wurden wegen des Verdachts der schweren Sachbeschädigung vorläufig festgenommen. Der 21-Jährige befindet sich wegen versuchten Einbruchs durch Einschlagen der Auslage weiterhin in Haft.
„Neujahrsattraktion“
Die Schäden am Reumannplatz wurden zur Neujahrsattraktion. Viele hatten auf sozialen Medien (Instagram) Videos der Zerstörung gesehen. Sie kamen am Vormittag, betrachteten die Spuren der Verwüstung. Die Glasscheiben des Friseurs Strassl sowie des Hauses mit dem Eisgeschäft Tichy waren bis in den 3. Stock zerbrochen.
Bäckerei Felber
Die Besitzerin Doris Felber sagte, dass sie diesen Vandalismus nicht persönlich nehme. In der Filiale wurde der Eingang beschädigt.
Juwelier Thurzo
Bereits im September wurde der Juwelier überfallen. "Wir schließen im März die Filiale", erklärt der Besitzer
Tichy-Chef Kurt Tichy
"Die Leute sind eigenartig", sagte zu dem Schaden der Tichy-Inhaber. Die Fenster seines Zinshauses wurden zerstört.
Spuren der Verwüstung
Raketen und Böller sollen von den Bänken aus in Richtung der Häuser geschossen worden sein.
Reumannplatz
Viele Fenster wurden aufgrund der Druckwelle der Raketen zerstört.
Straßenlampe beschädigt
Neben Fenster, Auslagen und Mistkübel wurde durch Raketen und Böller auch die Straßenbeleuchtung in Favoriten beschädigt.
„Ich habe auch Videos im Internet gesehen und bin sofort her“, erzählt Eismacher-Chef Kurt Tichy. In seinem Zinshaus wurden fast alle Fenster zerstört. Die Druckwellen von Raketen oder Böller sollen dazu geführt haben. Anrainer haben mit angesehen, wie Jugendliche Knallkörper in Richtung der Häuser geschossen haben. Spuren davon erkannte man an den Bänken. Eine Straßenlampe lag am Boden.
Der Friseur Strassl nebenan kontaktierte bereits einen Glaser, der den Schaden reparieren sollten. Anrainer erzählten sich von den Schockmomenten und forderten, dass sich jetzt etwas ändern müsse. „Man traut sich bei Nacht nicht mehr über den Reumannplatz zu gehen“, sagte ein Bewohner. „Ich wünsche mir Videobewachung und mehr Polizei“, meinte dazu Anrainerin Engstberger.
Die Situation habe sich verschlimmert. Sie erinnern an die Ausschreitungen im Sommer zwischen kurdischen und türkisch-nationalistischen Demonstranten. Oder die Attacke auf die Kirche am Antonsplatz, kurz vor der Terrorattacke in Wien. „Parallelgesellschaften haben in unserem Land nichts verloren“, meinte dazu ÖVP-Innenminister Karl Nehammer. Ein Sicherheitsgipfel zwischen Polizei und Stadt sei in Planung, Schwerpunktkontrollen versprochen.
Spezialeinheiten, auch in Zivil, sollen bald in Favoriten patrouillieren.
Kritische Stimmen aus der Politik
Kritisch zu den Parallelgesellschaften äußerten sich auch die Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) und die Integrationssprecherin der Wiener ÖVP Caroline Hungerländer. "Es kann nicht sein, dass Randalierer eine solche Spur der Verwüstung mitten in Wien hinterlassen", sagte die Integrationsministerin Susann Raab. Es zeige sich hier, welche Gefahr von Parallelgesellschaften ausgehen würde. Hungerländer sagte, "Wiens Parallelgesellschaften und die Konflikte auf unseren Straßen zeigen das Integrationsversagen von Bürgermeister Ludwig".
Am Abend des ersten Jänners meldete sich auch der neue Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) zu den Attacken: "Egal welcher Herkunft: Man muss sich an die Regeln halten. Ich danke der Polizei für das konsequente Vorgehen, wodurch weitere Straftaten verhindert und der Haupttatverdächtige festgenommen werden konnte. Eine gelungene Integration und ein friedliches Miteinander sind einer meiner Arbeitsschwerpunkte, damit solche Vorfälle wie in Favoriten nicht mehr passieren“
Von "kriminellen islamistischen Migrantenmobs" sprach Dominik Nepp, der Parteichef der Wiener FPÖ. Nehammer sei seit dem Beginn der Krawalle im Juni 2020 tatenlos geblieben. Die Unruhen seien Folge der "ungezügelten Massenzuwanderung der letzten Jahrzehnte". FPÖ-Chef Norbert Hofer forderte hingegen Abschiebungen.
Auf Facebook nahm auch der Bezirksvorsteher aus Favoriten, Marcus Franz (SPÖ) mit einem Posting zu den aktuellen Ausschreitungen Bezug.
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