Muslimbruderschaft: Weitere Schlappe für Staatsanwalt

Muslimbruderschaft: Weitere Schlappe für Staatsanwalt
Laut Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz wurde die Akteneinsicht "zu Unrecht verweigert".

Die Staatsanwaltschaft Graz ermittelt im Rahmen der Operation Luxor seit dem Jahr 2019 gegen angeblich heimische Anhänger der terroristischen Vereinigungen Hamas und Muslimbruderschaft. 60 Hausdurchsuchungen wurden im November 2020 durchgeführt, gegen 101 Beschuldigte wird ermittelt.

Wie der KURIER berichtete, war die Razzia durch die Staatsanwaltschaft Graz aber rechtswidrig, weil laut Gericht „keine ausreichenden Verdachtsmomente“ vorlagen. Nun musste die Grazer Anklagebehörde eine weitere Schlappe einstecken. Laut einem Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Graz hat am 6. September 2021 die Staatsanwaltschaft den Beschuldigten die Einsicht in den Ermittlungsakt „zu Unrecht verweigert“.

Ein Beschuldigter hatte Beschwerde eingelegt.

Demnach hatte die Staatsanwaltschaft im August 2019 beim Anlegen des Aktes verfügt, dass keine Akteneinsicht gewährt werde. Ende November/Anfang Dezember 2020wurde eine solche zur Gänze verweigert. Mit der Begründung, dass „die Anhäufungen von beträchtlichen Vermögen bei Beschuldigten ohne nachvollziehbare Mittelherkunft, die Zuordnung dieser Vermögen zu den terroristischen Vereinigungen Muslimbruderschaft und Hamas, die vorliegenden Ermittlungsergebnisse zu den zahlreichen Beschuldigten (…) befürchten ließen, dass durch die sofortige Kenntnisnahme dieser Ermittlungsergebnisse, die Aufklärung des Tatverdachts gefährdet wäre“. Zudem berge die Akteneinsicht die Gefahr der Verabredung, Zeugenbeeinflussung und Verbringung von Beweismitteln.

Laut Strafprozessordnung haben Beschuldigte das Recht, in die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens Einsicht zu nehmen. Nur in Ausnahmefällen kann diese Einsicht beschränkt werden, unter anderem dann, wenn „eine ernste Gefahr für Leben, Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Freiheit besteht“.

Verdachtsmomente

„Bloße kriminaltaktische Überlegungen wie die Befürchtung, der Beschuldigte würde nicht mehr unbeeinflusst aussagen, rechtfertigen den Eingriff nicht“, stellte das Gericht fest. „ Außerdem kann der Beschuldigte Mitbeschuldigte und Zeugen, die schon einvernommen wurden, in der Regel nicht beeinflussen.“ Jene Aktenteile, so das Gericht weiter, die den Tatverdacht gegen andere konnexe Mitbeschuldigte und unbekannte Verdächtige betreffen, unterliegen der Akteneinsicht.“ Eine effektive Verteidigung bedürfe „der Kenntnis des gesamten gegen den Beschuldigten bestehenden Beweis- und Belastungsmaterials.“

„Der Skandal ist, dass man monatelang den Schein aufrechterhalten hat, dass nicht nur gefährliche Straftaten verfolgt werden, sondern sich auch ganz schlimme Verdachtsmomente aus dem Akt ergeben“, sagt ein Verteidiger zum KURIER. „Es ist aber nichts aufgetaucht, aus dem sich schließen hätte lassen, dass etwas brisant ist."

Kommentare