Mit Prognose-Software auf Einbrecherjagd

Symbolbild
Präzise Technik ermittelt strategisches Profil der Beutezüge. Polizei ist schneller vor Ort.

Mit einer neuen Prognose-Software geht das Bundeskriminalamt (BK) in Zukunft gegen Dämmerungseinbrecher vor. Diese Technik-Offensive ist ein Teil des österreichweiten Masterplans zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität.

Seit Sommer 2014 wurde vom BK ein Konzept erarbeitet, das aufgrund interner Analysen und Erkenntnisse Hotspots von Dämmerungseinbrüchen (17 bis 21 Uhr) in allen Bundesländern herausfiltert. Diese geografischen Schwerpunkte ergeben sich durch mehrere Parameter, die nach Einbruchsdelikten von Spezialisten in das Programm eingegeben werden. BK-Sprecher Mario Hejl erklärt Details: "Strategische Daten wie Zeit und Ort werden mit statistischen und geografischen Fakten verknüpft und zu einer Prognose-Software verarbeitet. Daraus filtern wir die Hotspots heraus." Aktuell stehen Einbruchsparameter seit November 2014 zur Verfügung.

Intensive Bestreifung

Diese von den Rechnern der jeweiligen Landespolizeidirektionen ausgewerteten Delikt-Häufungspunkte werden schließlich über einen gewissen Zeitraum intensiv durch zivile und/oder uniformierte Beamte bestreift. Um das System schnell und effizient zu gestalten, müssen die Parameter täglich aktualisiert werden. Das BK bestätigt: "Die verwendeten Infos sind Ad-hoc-Daten. Denn nur so kann schnell reagiert werden."

Breite Infokampagne

Das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Einbruchskriminalität umfasst jedoch nicht nur Analysen der Dämmerungseinbrüche. So wurden auch 400.000 Präventionsfolder mit zielführenden Maßnahmen und Tipps gegen Einbruchsdiebstähle an die Bevölkerung in allen Bundesländern verteilt.

In Wien läuft seit Anfang November ein ähnliches Programm. Karl Mahrer, Wiens Vize-Polizeipräsident, kündigte Ende Oktober an, "Kontrolldruck und Polizeipräsenz bei den erhobenen Einbruchshotspots zu erhöhen. Die Bereitschaftseinheit wurde dafür auf 170 Beamte aufgestockt." Die ersten Erfolge ankerten darin, dass etwa Serien-Einbrüche während der Einbruchssaison 2014/2015 der Vergangenheit angehören. Die Zahl der Dämmerungseinbrüche – konkrete Zahlen liegen noch nicht vor – gingen spürbar zurück (siehe Reportage unten). In Wien wurde angekündigt, dass nach Einbrüchen so schnell wie möglich ganze Grätzl von der Exekutive abgeriegelt werden. Denn in der Regel muss die Beute in Fahrzeugen verstaut werden. Das bremst die gut organisierten Einbrecherbanden. Und schnell errichtete Straßensperren können die Kriminellen schon vor Ort festsetzen.

Beide Konzepte haben einen Parameter gemeinsam. Oberst Michael Mimra, Ermittlungsleiter des LKA-Wien, erklärte: "Wird ein Einbruch gemeldet, kontrollieren Fahndungsteams Hotels, Pensionen sowie einschlägige Lokale." Und die Kollegen in den benachbarten Bundesländern werden – sollten die Täter auf der Flucht sein – sofort über aktuelle Erkenntnisse, etwa über das Täterfahrzeug, informiert. Somit wird der Flucht-Radius empfindlich eingeengt.

Die Rechnung der Kriminellen ist einfach: In einer Villengegend ist viel zu holen. Die Döblinger haben das im vergangenen Winter deutlich zu spüren bekommen – die Zahl der Einbrüche stieg rasant an. Die Polizei wertete die Delikte aus – speziell im Cottage- und im Schreiberviertel hatten die Einbrecher zugeschlagen.

"Hotspots" nennen das die Ermittler – und fahren seit diesem Winter eine neue Strategie. Stärkere Streifen, in Zivil und in Uniform, ständige Planquadrate in gefährdeten Gegenden, besonderes Augenmerk in der Dämmerungszeit und persönlicher Kontakt zur Bevölkerung.

Mit Prognose-Software auf Einbrecherjagd
Bezirksvorsteher Adolf Tiller, Döbling (ÖVP),Adolf Tiller
Eine Strategie, die Früchte trägt. "Unsere Dämmerungsstreifen waren teils schon ab 15 Uhr unterwegs. Wir haben zwar noch keine Zahlen – aber anscheinend konnten wir dadurch Einbrecher abschrecken", sagt Döblings Stadtpolizeikommandant Klaus Hölscher.

Und die Ermittler konnten zahlreiche Daten und Anhaltspunkte sammeln. "Da könnte noch einiges nachkommen", glaubt Hölscher. Daten von ortsfremden Personen wurden gesammelt, die sich zu ungewöhnlichen Zeiten in verlassenen Straßen aufhielten. "Es gab keine aktuellen Straftaten dazu. Aber vielleicht fallen uns diese Personen wieder auf – dann können wir Rückschlüsse ziehen."

Belästigt

Die verstärkten Verkehrskontrollen fielen auch den Bewohnern auf. Nicht immer positiv. "Ein Herr hat sich per Mail beschwert, dass er nachts kontrolliert wurde. Er hat das als Sauerei empfunden und wollte nicht belästigt werden", erzählt Bezirksvorsteher Adi Tiller. Aber auch die Alko-Kontrollen im Zuge der Verkehrskontrollen fanden nicht bei allen Anklang. "Es wurden da ein paar Leute erwischt, die auch schon tagsüber ein bisserl zu viel hatten."

Beschwerden gab es auch bei der Polizei. "Aber die positiven Rückmeldungen überwiegen", sagt Hölscher. "Es gab Leute, die haben wir oft aufgehalten – einfach, weil sie ein Fahrzeug fahren, das gerne gestohlen wird. Aber die waren entspannt und haben gemeint: Wenn mir das Auto gestohlen wird, bin ich froh darüber." Und: "Die Leute sind froh, dass sie uns öfter auf der Straße sehen. Die Bewohner schauen auch genauer hin."

Grinzing hat’s erwischt

Ein Gebiet traf es dennoch verstärkt: "Diesmal war Grinzing stärker betroffen. Und seit einiger Zeit kommt es vermehrt zu Einbrüchen tagsüber – wenn die Eltern arbeiten gehen und die Kinder in der Schule sind. Bei einem Haus sieht man recht schnell, ob jemand daheim ist oder nicht." Aktuell bemerken die Polizisten außerdem einen Anstieg bei den Autoeinbrüchen. Hölschers Appell: "Keine Wertgegenstände sichtbar im Auto liegen lassen."Die Dämmerungsstreifen bleiben bis auf Weiteres – und werden auf Streifen bei Tageslicht ausgeweitet.

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