Miss-glückt: Die Miss-Wahlen stehen in der Kritik
Den bisher größten Erfolg ihrer Geschichte feierte Österreichs Missen-Szene gleich in ihrem ersten Jahr. 1929 wurde die damals 20-jährige Lisl Goldarbeiter zur ersten Miss Austria gekürt – und auch zur ersten nicht-amerikanischen Miss Universe gekrönt.
Seitdem ist viel passiert – nicht nur in der vergangenen Woche. Wie der KURIER berichtete, wurde heuer die 24-jährige Beatrice „Bea“ Körmer zur Miss Vienna gewählt. Drei Tage später wurde ihr der Titel aberkannt. Grund dafür war eine angebliche Beeinflussung der Jury.
Wie sich mittlerweile herausstellte, gab es wohl ein PR-Konzept, das Körmer vorab in den Promi-Spalten platzieren sollte, damit sie Bekanntheit erlangt und sich den Sieg holen konnte. Die Wahl wird nun am 21. Mai wiederholt – unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Undurchsichtig
Die Debatte über die missglückte Miss-Vienna-Wahl brachte aber noch mehr Merkwürdigkeiten ans Tageslicht. Zum Beispiel in Bezug auf das Prozedere zur Auswahl der Jury-Mitglieder und der Beurteilung der Kandidatinnen.
„Missenmami“ (Selbstdefinition, Anm.) Agnes Goebel stellte die elfköpfige Jury aus Vertretern von Sponsoren (Sekt, Krönchen, Austragungsort, Outfits etc.), Medienpartnern, sonstigen „Medienmenschen“ und Promis zusammen.
Genauso wie die Auswahl der Jury-Mitglieder allein den Lizenznehmern obliegt (die Bundesländer-Lizenzen für die Missen-Wahlen vergibt die Dachorganisation Miss Austria Corporation, Anm.), definieren sie auch die Kriterien zur Beurteilung. Wenn es solche überhaupt gibt.
„In erster Linie geht es um die Optik. Schönheit ist immer subjektiv“, sagt Agnes Goebel, die die Kandidatinnen „meine Mädchen“ nennt und die Wahl zur Miss Vienna künftig nicht mehr veranstalten wird.
Optische Standards
Haben Miss-Wahlen in Zeiten von erstarktem Feminismus und #MeToo-Debatte überhaupt noch ihre Berechtigung? „Ja“, sagt eine ehemalige Veranstalterin. „Die erste Miss-Wahl wurde 1929 abgehalten, damit die Frauen unabhängig sein und ihr eigenes Geld verdienen konnten“ – auch später, als Mannequins.
„Nein“, sagt Lena Jäger, Mitorganisatorin des Frauenvolksbegehrens. Sie bezeichnet sich selbst als „dicke Frau“ und setzt sich für ein positives Körperbewusstsein ein. Die Veranstaltung von Schönheitswettbewerben sieht sie „hochproblematisch“.
Frauen müssten da optischen Standards entsprechen, die gesellschaftlich erwünscht seien. „Man bekommt normgeschönte Frauen zu sehen. Dabei ist das Frauenbild heute vielfältig. Es gibt nicht nur Frauen mit Kleidergröße 36 oder 38“, sagt Lena Jäger.
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