Tiercoach: Sind Mischlingshunde gesünder als reinrassige Vierbeiner?
Bunte Hunde sind Überraschungspakete. Wie der Welpe eines Tages aussehen wird, lässt sich schwer abschätzen. Wie sich sein Charakter entwickelt, zeichnet sich erst nach Monaten ab.
Fest steht, dass Promenadenmischungen genauso süß und tolle Freunde sein können wie Vierbeiner mit lupenreinem Stammbaum. Doch auch sie haben ihre Schwachstellen.
Am 31. Juni feiern Mischlingshunde und ihre Besitzer ihren großen Tag. 2005 wurde der „National Mutt Day“ in den USA ins Leben gerufen, um auf die Abschiebung der Unikate in Tierheime aufmerksam zu machen. Denn die Ergebnisse aus Zufallsbekanntschaften sind nicht immer willkommen.
Mischlingshunde können gesünder sein
„Zahlenmäßig gibt es weit mehr Mischlings- als Rassehunde“, schickt Zoodoc Katharina Reitl im Vorfeld des Mischlingshundetages voraus. Der KURIER-Tiercoach kennt die Vor- und Nachteile des ungeplanten Nachwuchses. Der genetische Mix kann es nämlich in sich haben.
Pflanzen sich gesunde Promenadenmischungen fort, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die nächste Generation fit und fidel ist. Verpaaren sich Hunde mit rassespezifischen Schwachstellen oder Qualzuchtmerkmalen, können daraus dieselben gesundheitlichen Probleme entstehen wie bei kranken, überzüchteten Tieren.
Promenadenmischungen können krank werden
Kreuzen sich etwa Bulldogge und Mops mit extrem kurzen Schnauzen, schlagen die Gene auch beim Mix durch und verursachen Atemwegserkrankungen. Sind Deutscher Schäferhund, Bernhardiner und Dogge bei der Zeugung beteiligt, neigt der Nachwuchs ebenfalls zu Hüftdysplasien.
Dackel weisen typischerweise Wirbelsäulenschäden auf, sie geben diese Veranlagung oft an die Kleinen weiter. Dalmatiner mit neurologischen Erkrankungen können diese vererben. Terrier und Border Collie sind überproportional von speziellen Augenleiden betroffen, ihre Nachkommen bleiben davon selten verschont.
Bunte Hunde und Rassehunde sind verhaltensauffällig
„In der Regel stehen die rassespezifischen Erkrankungen im Fokus und auf ererbtes Verhalten wird vergessen“, weist die Tierärztin aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn auf einen unterschätzten Aspekt hin.
Hunde dürfen weder aggressive noch ängstliche Züge haben, um gesellschaftsfähig zu sein. Sie sollen kaum bellen, müssen familienfreundlich und stadttauglich sein. Jagdinstinkt beim Haustier? Danke, nein.
Charaktereigenschaften, die durchaus durch Zucht beeinflussbar sind, „lassen sich per Gesetz schwer regeln. Dabei kann die Hälfte der Besitzer ihren Hund nicht stressfrei halten“, weiß Reitl aus der Praxis. Ob Mischling oder Rassetier.
Hund und Halter müssen zusammen passen
Man solle bei der Verpaarung nicht nur auf bekannte Defekte achten bzw. Merkmale, die als Qualzucht definiert sind, sondern auch auf das Verhalten. Aussehen sei nicht alles. Schon bei der Anschaffung des Haustieres sei mit der richtigen Wahl absehbarer Eigenschaften viel getan. Mit guter Erziehung ließen sich unerwünschte Muster teils in Griff bekommen, sinnvoller wäre es, die Rasse gar nicht einzukreuzen.
Bei bunten Hunden können sich Krankheiten häufen
„Die Durchmischung der Erbanlagen kann die Gesundheit fördern, die Tiere können tatsächlich fitter sein“, sagt Reitl. Im ungünstigsten Fall jedoch häufen sich die Schwachstellen aller Verwandten in einem Wurf.
Promenadenmischungen sind nicht nur der Mix aus ihren Eltern, vielmehr sind sie Resultat mehrerer Vorfahren. Der Vater ist eventuell unbekannt. Der Zoodoc appelliert daher, die Fortpflanzung ausschließlich Profis zu überlassen.
Hunde von seriösen Züchtern sind gut untersucht
Seröse Züchter bringen nur Hunde zusammen, die auf Herz und Nieren geprüft sind. Sie werden veterinärmedizinisch gründlicher kontrolliert; bildgebende Verfahren sind Standard. Gen-Tests können zeigen, ob ungewollte Erbmerkmale, die eine Generation überspringen, wieder durchbrechen würden. Was die Überzüchtung betrifft, soll das neue Tierschutzgesetz ab Mitte 2026 Qualen noch gezielter unterbinden.
Von A wie Affenpinscher (Rassestandard 186) bis Z wie Zwergschnauzer (Nummer 183): Die Fédération Cynologique Internationale erkennt aktuell um die 250 von rund 800 Hunderassen an. Manche wurde im Laufe der Zeit gestrichen, andere wurden nur vorläufig in die Liste aufgenommen. Der exklusive Kreis erfüllt jedenfalls streng definierte Merkmale in Aussehen und Körperbau. Überzüchtung ist oft Tierquälerei auf Lebenszeit.
So genannte Designer Hunde sind Resultat aus zwei verschiedenen Rassen. Goldendoodle (aus Golden Retriever und Pudel) und Maltipoo (aus Malteser und Pudel) z.B. werden meist auf Bestellung gezüchtet.
Manche Überzüchtungen verursachen großes Leid. Anfang Juli 2024 beschloss der Nationalrat eine Novelle, die ein Qualzuchtverbot einschließt. Es soll Tierleid durch krankmachende Überzüchtung verhindern. Eine wissenschaftliche Kommission aus Veterinärmedizinern, Genetikern und Ethikern soll den zuständigen Minister künftig beraten und die Programme zur Vermeidung von Qualzucht beurteilen. Das neue Tierschutzgesetz tritt am 1. Juli 2026 in Kraft
Halter müssen verantwortungsvoll handeln
„Tierfreunde lassen die Finger von importierten Hunden aus unsicherer Quelle“, schließt der KURIER-Tiercoach.
Um Leid zu verhindern, müssten Besitzer ihre läufige Hündin bzw. den unkastrierten Rüden unter Kontrolle halten. Reitl betont: „Nicht der Mischling ist das Problem, sondern verantwortungslose Menschen.“
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