Miliz: Von der Arbeit in die Uniform

Miliz: Von der Arbeit in die Uniform
Ohne die Milizsoldaten könnte das Bundesheer weder seine In- noch Auslandseinsätze bewerkstelligen.

Sie kommen aus dem zivilen Leben, sind Maurer, Anwälte, Studenten oder Angestellte – doch im Ernstfall ziehen sie die Uniform an, um in den Einsatz zu gehen. Die Miliz ist das Rückgrat des Bundesheeres, das laut Verfassung nach einem Milizsystem auszurichten ist. Alle zwei Jahre rücken Milizsoldatinnen und Soldaten zu ihren Verbänden ein und üben miteinander, um für den Ernstfall gerüstet zu sein.

Doch nicht nur dann bilden sie eine wichtige Säule – bereits jetzt sind die Einsätze des Bundesheeres ohne die Miliz nicht vorstellbar: „Milizsoldaten stehen sowohl im In- als auch im Ausland im Einsatz. Man kann es so zusammenfassen, dass im ,Sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz‘ ständig zwischen 25 und 30 Prozent Milizsoldaten zum Einsatz gelangen und mindestens 40 Prozent der Soldaten im Ausland der Miliz angehören“, sagt Generalmajor Erwin Hameseder, Milizbeauftragter des Bundesheeres, gegenüber den FAKTEN.

Miliz: Von der Arbeit in die Uniform

„Das heißt, ohne die Ergänzung durch die Miliz wären die Einsätze des Bundesheeres weder im In- oder Ausland durchführbar.“

Als Milizbeauftragter berät er den Verteidigungsminister in Milizangelegenheiten, Hameseder sieht sich auch als Ombudsmann der Milizsoldaten: „Alle Anliegen, die an mich herangetragen werden, bearbeite ich entsprechend, trage sie dann an den Herrn Bundesminister beziehungsweise an den Generalstabschef heran“, sagt er.

Insgesamt dienen in Österreich 27.500 Milizsoldaten, die zum größten Teil in zehn Jägerbataillonen beordert sind – zwei in Wien und je eines in den anderen Bundesländern. Zusätzlich gibt es auch selbststrukturierte Kompanien, die sich aus Freiwilligen aus der jeweiligen Region speisen. Hauptaufgabe dieser Verbände ist der „Schutz kritischer Infrastruktur“ – also Kraftwerke, Pipelines oder Staudämme im Ernstfall zu schützen.

Schutz von Infrastruktur

„Damit gibt es eine klare, regionsbezogene Aufgabe, außerdem wird dadurch eine militärische Heimat geschaffen, weil die Milizeinheiten an einen Partnerverband der präsenten Kräfte angebunden sind“, sagt Hameseder. „Schutz ist ein Aufgabenspektrum, das man sehr ordentlich vorbereiten und durchüben kann“, ist er überzeugt, „letztendlich geht es aber um die militärische Landesverteidigung.“ Konkret bedeutet das, dass die Soldatinnen und Soldaten sowohl untereinander eingespielt sein müssen, etwa beim Betreiben von Checkpoints, als auch im allgemeinen Gefechtsdienst.

Diese Fähigkeiten sollen durch die Einbindung präsenter Kräfte, also Einheiten, die vorwiegend aus Berufssoldaten bestehen, verbessert werden. Haben früher Milizsoldaten, die selbst im Berufsleben stehen, die Ausbildung der Truppe geleitet, übernehmen das mittlerweile die Ausbilder der Partnerverbände. Hameseder zieht daraus ein positives Resümee: „Man sieht, dass sich die Profis ganz stark um ihre Bataillone kümmern, da hat sukzessive ein Umdenken stattgefunden.“

Voneinander lernen

Eine Beobachtung, die Milizsoldaten gegenüber den FAKTEN bestätigen: „Früher waren wir in den Augen von Berufssoldaten keine ,echten‘ Soldaten, da wir nur alle zwei Jahre zu Übungen eingerückt sind. Mittlerweile lernen wir voneinander: wir das Militärische, sie etwa Handwerkliches aus dem zivilen Leben, etwa bei Übungspausen“, erzählt ein Unteroffizier aus Tirol.

Problematisch sieht Hameseder jedoch die Ausrüstung der Miliz: „Die Einsatzfähigkeit ist aus meiner Sicht nur eingeschränkt gegeben. Sie ist vonseiten der Motivation der Soldaten im Übermaß vorhanden, doch wo wir massivste Mängel haben – das ist jedoch ausschließlich auf der budgetären Ebene –, ist die Ausstattung und Ausrüstung der Miliz.“ Vor allem neue Kampfhelme und Kampfwesten wären nötig. Es gebe auch große Mängel im Bereich der Nachtsichtfähigkeit und Kommunikationsfähigkeit. „Das ist aber alles unbedingt notwendig, um für einen realen Einsatz gerüstet zu sein.“

Auch die Mobilität sieht er de facto nicht gegeben: „Es wäre wichtig, dass in allen Bataillonen wenigstens eine Kompanie mit den notwendigen Fahrzeugen ausgestattet wird – in einer ersten Phase. Und auf eine erste muss auch eine zweite Phase folgen“, sagt er.

Dass die verpflichtenden Milizübungen seit mehr als 13 Jahren ausgesetzt sind, sieht Hameseder ebenfalls als Problem: „Für mich völlig unverständlich. Wenn es in den nächsten Jahren nicht zu einem politischen Umdenken kommt, werden wir auch auf der personellen Ebene die Einsatzfähigkeit der Miliz nicht sicherstellen können. Man muss überlegen, ob Milizübungen wieder Teil des Grundwehrdienstes werden, das heißt 6+2 Monate.“

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