Michael Lindner: "Die Bundesregierung agiert wie Lemminge“

Als Landesrat wird Lindner unter anderem für die Kinder- und Jugendhilfe zuständig sein.
Am kommenden Samstag wählt die SPÖ OÖ erstmals direkt ihren Parteivorsitz. Schon jetzt steht der Sieger fest.

Erstmals wählt am Samstag die SPÖ OÖ ihren Parteivorsitz direkt. Dafür aufstellen hätte sich jedes Mitglied können. Die notwendige Anzahl an Unterstützungserklärungen gab jedoch nur Parteichef Michael Lindner ab.

KURIER: Der „Superwahlsamstag“ steht bevor. Was macht den Samstag super?

Michael Lindner: Dass unsere 25.000 Mitglieder mitentscheiden können, wer Landesparteivorsitzender wird.

Konkurrenz für dieses Amt haben Sie ja keine. Sind Sie trotzdem nervös?

Ich gehe mit Lockerheit und viel Optimismus rein. Ich bin ein sehr uneitler Politiker und werde mir da keine Schranken setzen, mit wie vielen Prozent ich zufrieden bin. Mir ist wichtig, dass sich viele daran beteiligen, die SPÖ OÖ ins 21. Jahrhundert zu übersetzen. Denn es ist ein Zeichen, wie Politik in Zukunft ausschauen muss, um dem Vertrauensverlust in die Politik entgegenzuwirken.

Also hat die Direktwahl auch mit einem Kandidaten Sinn?

Auf jeden Fall. Weil wir auch Schwerpunktthemen mitentscheiden lassen.

Auf dem Abstimmungsbogen stehen Themen wie Klimaschutz und Digitalisierung. Kernthemen der SPÖ fehlen. Will man sich Wähler aus anderen Parteien angeln?

Themen wie Umweltschutz und Digitalisierung sind soziale Fragen unserer Zeit: Was heißt das für unsere Arbeitsplätze? Oder wer ist vom Klimawandel am meisten betroffen? Das sind etwa jene in Mietwohnungen, die nicht selbstständig ihre Häuser kühlen können. Die Sozialdemokratie muss jetzt den nächsten Schritt gehen und solche Fragen beantworten.

Michael Lindner
Der 39-jährige gebürtige Linzer und zweifache Familienvater ist bereits seit 2018 Mitglied des oö. Landtags.  Im Februar 2022 übernahm er den geschäftsführenden Landesparteivorsitz von Birgit Gerstorfer. Diese musste nach einem Analysepapier (das nach der Landtagswahl 2021 vor allem das Verhältnis zur Gewerkschaft kritisiert hatte) das Feld räumen, ist jedoch noch als Landesrätin im Amt.  Nach der Wahl soll Lindner dieses am 10. November übernehmen.

Die Wahl
Erstmals dürfen die Mitglieder der SPÖ OÖ den Parteivorsitz direkt wählen. Gestartet wird mit dem „Superwahlsamstag“ am 3. September. Etwa einen Monat haben sie dann Zeit, um abzustimmen. Die Ergebnisse werden am Parteitag am 1. Oktober präsentiert. Alle Infos zur Wahl: www.du-entscheidest.at.

Nun ist es unumstritten, dass Sie zum Parteivorsitzenden gewählt werden. Was steht ganz oben auf Ihrer Agenda?

Wie es mit der Energieversorgung und mit der entgleisten Teuerung weitergeht – das brennt den Menschen unter den Nägeln. Viele haben das Gefühl, dass sie mit ihren Ängsten allein gelassen werden. Und wenn man sich dieses Nichtstun und dieses Nachhinken der Bundesregierung, die wie Lemminge agiert, anschaut, dann verstehe ich das. Für mich ist die Aufgabe von Politik, dass man weiter denkt als an die nächste Schlagzeile. Auch die Landesregierung reagiert viel zu zögerlich.

In Umfragen schnitt die Bundes-SPÖ in den vergangenen Monaten gut ab. Auf Landesebene stagniert die SPÖ noch immer. Warum?

Ich bin alles andere als zufrieden mit unseren Wahlergebnissen der letzten Jahre und bin enttäuscht, dass man nicht abgeliefert hat. Ich bin jetzt aber keiner, der wieder zehn Papiere schreibt, warum was nicht funktioniert hat, sondern ich will Dinge anpacken. Es muss uns wieder Tatkraft zugetraut werden. Deshalb werden wir ein Zukunftsbild der SPÖ OÖ erarbeiten. Wie man an der Bundes-SPÖ sieht, merken die Menschen jetzt sehr wohl, dass es eine starke Sozialdemokratie braucht. Mehr Gerechtigkeit, Solidarität und Miteinander ist immer besser als die Ellbogen-Mentalität, die manche Konservative geprägt haben.

Diese Ellbogen-Mentalität gibt es in der Bundes-SPÖ auch. Stichwort Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil. Welchem Team gehören Sie an?

Ich bin kein Zurufer. Ich will dem Gesamtziel dienen, die SPÖ stärker zu machen. Ich will mit eigener Arbeit beweisen, wie Sozialdemokratie funktionieren kann. In dem Sinn bin ich Team Oberösterreich und Team Lindner.

Was sagen Sie zur Causa rund um Wien Energie?

Es zeigt vor allem eins: Das System des Stromhandels über die Börse ist gescheitert. Die Preisausschläge machen Strom zum Spekulationsgut. Wir brauchen leistbare, kalkulierbare Preise für Konsumenten und Unternehmen.

Ihre Vorgängerin hat sich mit dem Linzer Bürgermeister Klaus Luger nicht leichtgetan. Wie geht es Ihnen?

Ich schätze seine Tatkraft. Er wird mit dem Parteitag wieder in den Parteigremien der SPÖ OÖ vertreten sein.

Nun gibt es das Analysepapier noch immer, das das Verhältnis der Partei zur Gewerkschaft kritisiert. Werden Sie daran etwas ändern?

Die Gewerkschaften sind unverzichtbarer Bestandteil der Gesellschaft. Wir haben eine gute Zusammenarbeit. Die werde ich weiter pflegen. Wir brauchen einander.

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