„Ich bin viel in der Welt herumgekommen. Peking, Tokio, New York, Singapur. Wenn man sieht, wie sauber unsere Berge und Natur ist, dann will man das schützen. So entstand die Idee der plastikfreien Alm“, erzählt Thurner als man ihn zwischen Sennerei und Almgeschäft telefonisch erreicht. 500 Kilo Plastikmüll sollen alleine durch den Verzicht in den Sommermonaten vermieden werden.
Von Singapur auf die Jochalm
Der gebürtige Gailtaler war als Kind selbst ständig auf Almen unterwegs und hat den Sennern geholfen. „Dann hat es mich karrieretechnisch nach Singapur verschlagen. Aber ich wusste immer, dass ich irgendwann eine Alm übernehmen will“, erzählt der Mann, der zuletzt fünf Jahre erfolgreich als Botschafter der österreichischen Weinwirtschaft in Asien gelebt habt. Im vergangenen Oktober kam dann der langersehnte Anruf, dass die Jochalm zu verpachten sei. „Ich habe sofort ja gesagt.“
Seit Juni hat sich im Schatten des 2.371 Meter hohen Reißkofels einiges getan. „Eine meiner ersten Taten war, dass ich den Mistkübel vor der Hütte abgebaut habe. Die Wanderer, die zu uns kommen, dürfen ihren Müll wieder mit ins Tal nehmen. Ich bin ja nicht ihre Müllabfuhr“, sagt der Kärntner, der immer noch ins Schwärmen kommt, wenn er über das tolle Panorama seiner Jochalm, die 180 Kühe, die hier im Sommer weiden, oder die 600 Liter Milch, die er täglich verarbeitet, spricht.
Glas statt Plastik
Doch wie funktioniert das plastikfreie Almleben in der Praxis? Die Devise lautet Glas statt Plastik. „Wir frieren Suppen etwa in Glasbehältern ein, in der Küche kommen unserer Lebensmittel nie mit Plastikschneidbrettern in Berührung, eingewickelt werden Lebensmittel in Bienenwachstücher“, erklärt Thuner den Verzicht vor allem auf Weinwegplastik. „Eine Küchenrolle gibt es leider nicht ohne Plastik zu kaufen und bei gewissen Vorschriften verlangt die Gastro nach Plastik, da müssen wir uns nach der Decke strecken.“ Die kleinen Änderungen, bewirken allerdings große Dinge: Der Plastikmüllsack auf der Jochalm sei nach einem Monat gerade einmal halb voll, berichtet der Hüttenwirt voller Stolz.
Tausche Spritzer gegen Regenwurm
Doch auch mit einer anderen Bilanz ist der Neo-Hüttenwirt zufrieden: der Reaktion der Gäste. „Viele Leute kommen nur zu uns, weil sie sich anschauen wollen, wie unser Konzept funktioniert. Das Echo ist wirklich positiv.“
Dass die Beziehung der Kunden mit dem Wirt eine besondere ist, verdeutlicht auch eine außergewöhnliche Aktion zum Start der Almsaison. „Weil der Winter so hart war und es keine Regenwürmer auf der Alm für einen Komposthaufen gab, habe ich auf social media den Aufruf gestartet, dass jeder, der mir einen Regenwurm mitbringt, einen Gratis-Spritzer bekommt“, erzählt Thurner. Eine Stunde später stand der erste Radfahrer mit Durst und Regenwurm da. In den kommenden vier Tagen folgten täglich 15 Leute mit Gurkengläsern mit tierischem Inhalt.
Top-Weine auf 1.500 Höhenmetern
Doch noch etwas hat den Weg auf die Alm gefunden: Der Wein. Denn die Liebe zu edlen Tropfen hat Thurner nicht im Tal gelassen. „Wir haben eine exzellente Weinkarte, Bioweine aus Österreich und jeden Freitag eine Verkostung von Weinen aus Niederösterreich und dem Burgenland“, erklärt der 48-Jähriger.
Sein Konzept will Thurner übrigens auch im kommenden Jahr weiterführen. „Wenn der Sommer passt, mach ich sicher weiter.“ Pause. „Ich bin mein ganzes Leben gereist, was gibt es da für einen schöneren Ort, als eine Alm auf 1.500 Meter, um in die Heimat zurückzukehren?“
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