Mafia setzte Tiere unter Medikamente
Schmuggel, Dokumentenfälschung und illegaler Arzneiwarenhandel. Es sind Tatbestände, die vor allem eines verdeutlichen: Mit welcher Brutalität die Tierschmuggel-Mafia mittlerweile vorgeht. Wie berichtet, beendete der österreichische Zoll alleine im ersten Quartal 2021 insgesamt Schmuggelfahrten mit 129 lebenden Tieren – das sind mehr als die Hälfte der Gesamtaufgriffe des Vorjahres (2020: 226 lebende Tiere). Der jüngste Aufgriff in Kärnten gewährt tiefe Einblicke in die Machenschaften der Organisierten Kriminalität, die sich rund um Schmuggeltiere, besonders seit Corona, etabliert hat.
Viel zu kleine Boxen
Wie erst jetzt bekannt wurde, reiste ein russischer Staatsbürger mit französischem Konventionspass am 1. Juni über Rumänien und Ungarn nach Österreich ein. Mit im Gepäck seines Kleinbusses, eingezwängt in viel zu kleinen Transportboxen: ein Hund der Rasse Mastiff, ein Akita Inu, zwei Katzen der Rasse Britisch Kurzhaar und zwei Katzen der haarlosen Rasse Sphynx. Alle Tiere zwischen 12 und 16 Monaten alt und alle völlig erschöpft, als die Zöllner sie am ASFINAG-Parkplatz Krumpendorf Nord an der A2 Südautobahn bei einer Zollkontrolle entdeckten.
Der 50-Jährige war mit den sechs Tieren auf dem Weg über Italien nach Frankreich. Welche Strapazen die Tiere hinter sich hatten, wurde wenig später klar: Der Mann gab an, dass diese aus Russland stammen würden, und von ihm in Rumänien übernommen worden wären. Offenbar zu Züchtungszwecken. Seine Frau betreibe ein Online-Portal, über das sie Heimtiere wie Hunde und Katzen aus eigener Züchtung zum Erwerb anbieten würden. Sie habe für die Tiere, die er abholen sollte, im Vorfeld rund 2.200 Euro bezahlt.
Geschichten wie diese hören die Zöllner immer wieder. Ebenfalls eine beliebte Masche der Schmuggler: In sozialen Medien wird gezielt inseriert, dass Hunde oder Katzen aus so genannten Tötungsstationen etwa in Serbien, Bosnien, Moldawien oder der Ukraine gerettet werden könnten. Tierliebhaber fallen in gutem Glauben darauf hinein und unterstützen damit oftmals unbewusst die Organisierte Kriminalität. Doch der Fall in Kärnten geht noch weiter: Denn neben den sechs Tieren entdeckten die Kärntner Zöllner in dem Schmuggelfahrzeug 135 Packungen unterschiedlicher Veterinärmedikamente mit denen die Tiere, die rund 6.000 Euro im offiziellen Verkauf erzielen sollten, während der langen Reise am Leben gehalten werden sollten. Die Liste der Medikamente reicht von der Tollwutimpfung über Antibiotika, Hormonpräparate und Zeckenschutzmittel bis hin zu Zubehör wie etwa Spritzen. Zur Erklärung: Erlaubt wäre die Mitnahme von drei handelsüblichen Packungen.
Gefälschte Dokumente
Hinzu kamen 32 Tierpässe, bei denen es sich allesamt um Fälschungen handeln dürfte. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei dazu laufen. Gefunden wurden im Wageninneren jedenfalls vier Stempel zur Fälschung von Dokumenten. „Diese Funde an Dokumenten und Medikamenten sowie weiterer Utensilien legen nahe, dass es sich um Organisierte Kriminalität zulasten der Tiere, aber auch der Abnehmer handelt“, erklärt Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).
Bei dem 50-jährigen Verdächtigen handelt es sich offenbar um einen Wiederholungstäter, dies gab er in ersten Befragungen an. Da für diese Transporte keine Zollanmeldungen durchgeführt worden waren, wird der Lenker des Schmuggels und der Abgabenhehlerei verdächtigt. Ein entsprechendes Finanzstrafverfahren gegen ihn wurde eröffnet und eine Finanzstrafe von über 4.000 Euro verhängt. Doch der Fall zieht für den Schmuggler noch weitere Konsequenzen nach sich. Bei einer Abfrage des Landeskriminalamts zum Fahrer wurde klar, dass dieser in Frankreich bereits zwei Mal straffällig geworden war. Ein Aufenthaltsverbot gegen ihn in Österreich wurde eingeleitet.
Die gute Nachricht zum Schluss: Die Tiere sind in Sicherheit im Tierschutzkompetenzzentrum in Klagenfurt.
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