Weitwanderer auf leisen Pfoten

Ein Luchs schleicht in einem Waldgehege nahe der Rabenklippen bei Bad Harzburg (Foto vom 30.04.2008). Einer der im Harz frei lebenden Luchse ist offenbar bis in die Lüneburger Heide gewandert. Es gebe Meldungen, wonach ein Tier im Landkreis Celle gesehen worden sei, sagte der Koordinator des Wiederansiedlungs-Projektes am Montag (09.06.2008). Es sei denkbar, dass eines der Raubtiere tatsächlich aus dem Harz bis in die Heide gelangt sei. Ein zweifelsfreier Beweis dafür liege aber noch nicht vor. Foto: Holger Hollemann dpa/lni +++(c) dpa - Bildfunk+++
Beobachtungen zeigen die Bedeutung von Wildtierkorridoren zwischen Lebensräumen.

Dass Luchse große Reviere – zwischen 50 und 500 Quadratkilometer – beanspruchen, ist schon lange bekannt. Dass die Großkatzen aber auch extrem weite Wanderungen unternehmen, haben die Fotofallen von Jägern aufgedeckt, die in Österreich und Tschechien vorbildlich mit dem Luchsprojekt Österreich-Nordwest zusammen arbeiten. Dasselbe Tier, genannt „Duvera“, wurde im Oktober 2012 in der Wachau und im Mai 2013 an der Moldau fotografiert. Das bedeutet eine Luftlinien-Entfernung von 111 Kilometern.

Rätsel

Doch wie immer in der Naturforschung bringen neue Erkenntnisse auch neue Rätsel: Zwei Mal müssen Luchse im Bereich der Wachau die Donau überquert haben, um zwischen Waldviertel und Dunkelsteinerwald zu wechseln. Doch wie ist das geschehen? Ist der Luchs geschwommen, wie manche meinen, oder hat der nächtens die Donaubrücke bei Melk genutzt, wie andere vermuten?

„Die Antwort auf diese Frage würde uns auch interessieren, sie ist aber nicht fix. Allerdings wurde in Frankreich ein Luchs fotografiert, der den Fluss Rhóne schwimmend überquerte. Der ist mit der Donau vergleichbar. Auch in der Wachau wäre die kürzeste Entfernung zwischen den Beobachtungsorten schwimmend zurückzulegen“, sagt Thomas Engleder, Koordinator des Luchsprojektes.

Zusammenarbeit

Er ist froh darüber, dass schon mehrere Jäger mit ihren Wildkameras zur Sammlung von Informationen über Luchse beitragen. „Es würde uns freuen, wenn es noch mehr werden. Es muss auch niemand fürchten, dass wir den genauen Ort der Sichtung bekannt geben und Schaulustige anreisen. Der Versuch, einen Luchs zu beobachten, wäre ohnehin zum Scheitern verurteilt“, betont Engleder. Der nun auch Unterstützung von der Wachauer Forschungsgemeinschaft Lanius erhält. Mit dem tschechischen „TransLyx Projekt“ funktioniert das schon lange. „Es gibt immer mehr Vernetzungen, das freut mich“, sagt Engleder.

Gleichzeitig macht sich Engleder Sorgen. Weil gerade junge Luchse weit umher streifen, sind sie besonders vielen Gefahren ausgesetzt. „Der Weitwanderluchs bestätigt einmal mehr, wie wichtig Grüne Infrastruktur für Wildtiere ist. In unserer intensiv genutzten Landschaft sind Wildtierkorridore zwischen geeigneten Lebensräumen enorm wichtig“, erklärt Engleder. Erst diese Korridore würden ein Überleben ermöglichen.

„Bei ‚Meister Pinselohr‘ ist zudem entscheidend, dass sich die Vorkommen im Böhmerwald mit denen in den Karpaten und Kalkalpen austauschen können“, erklärt Engleder.

Derzeit schätzt man die Bestände zwischen Oberpfalz und Wachau auf 50 bis 70 Tiere. Rund zehn Prozent davon leben in Mühl- und Waldviertel.

Weitwanderer auf leisen Pfoten

Pinselohren, geflecktes Fell, runder Kopf, Stummelschwanz: Das sind die wichtigsten Kennzeichen des Eurasischen Luchses (latein: Lynx), der – mittlerweile wieder – in ganz Europa verbreitet ist. Außerdem: die runden Pfotenabdrücke mit bis zu neun Zentimeter Durchmesser, die im Normalfall keine Krallen zeigen. Mit einer Schulterhöhe von bis zu 70 Zentimeter, Kopf-Rumpflänge bis zu 120 Zentimeter und einem Gewicht bis 25 Kilo ist er das drittgrößte Landraubtier Europas nach Bär und Wolf. Lieblingsbeute: Reh, Gämse, Mufflon. Europaweit gilt der Luchs nicht als gefährdet. Sein Abschuss ist in Österreich trotzdem verboten. Zwar sind mehrere Tiere zugewandert, andere ausgewildert worden. Doch ob die neuen, kleinen Populationen überleben können, ist noch nicht gesichert.

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