Lopatka-Prozess: "Quälen nicht vordergründig"

Der Arzt wurde nicht rechtskräftig schuldig gesprochen
Steirischer Arzt soll seine Kinder gequält haben. Psychiaterin beschreibt ihn als manipulativ und heischend nach Mitleid.

Es ist der fünfte Tag im neuaufgelegten Prozess gegen Eduard Lopatka und es ist ein spannender: Unter anderem erläutert Psychiaterin Adelheid Kastner ihr Gutachten, das sie noch während des ersten Prozesses 2017 über der 56-Jährigen erstellt hat.

Der damalige Richter Andreas Rom unterbrach die Verhandlung nämlich, um zu erfahren, ob Lopatka überhaupt zurechnungsfähig sei: "Ganz gesund" könnten nämlich die Selbstverletzungen und Suizidgedanken des Mediziners nicht sein, kommentierte Rom.

Zurechnungsfähig

Kastners Gutachten war dann im Juli 2017 aber deutlich: Theatralisch und manipulativ sei der Arzt, aber nicht abartig. Er sei zurechnungsfähig.

Die Expertin bleibt auch am Dienstag dabei. "Er hat eine Tendenz zu Dramatisierung und eine Neigung, andere dadurch in ein gewünschtes Verhalten zu lenken. Dazu könnte man auch manipulativ sagen."

Kastner erklärt dies mit der Erziehung des Mediziners in dessen Kindheit und Jugend. "Diese fokussierte auf Leistung, Duldsamkeit, Ertragen. Man lernt dabei nicht, einmal auf den Tisch zu hauen oder in Konflikte zu gehen." Um Wünsche dennoch durchzusetzen, würden andere Mechanismen angewandt, in Lopatkas Fall das Erregen von Mitleid, wie etwa durch Selbstverletzungen.

 

"Freibrief für quälende Elternteile"

Es gehe dem Angeklagten "primär um sich selbst", beschrieb die Sachverständige. Lopatka selbst beteuerte früher im Verfahren, er habe nicht daran gedacht, dass er seinen Kindern schaden könne. Tatsächlich bestätigte auch Kastner, dass das "Quälen nicht vordergründig" gewesen sei: Lopatka habe  Aufmerksamkeit erregen wollen.  Anwältin Peter wirkte erzürnt ob solcher Aussagen. "Offensichtlich haben wir einen Freibrief für quälende Elternteile!" Das wiederum verwunderte den Richter, er protokolliert den Zwischenruf. "Stark, das nehmen wir auf", merkte Richter Graf an. "Ist das jetzt wirklich so professionell gewesen, Frau Doktor?"

 

Überraschende Details

Bevor jedoch die Psychiaterin an der Reihe war, gab es Aufregung. Opferanwältin Andrea Peter befragte die ehemalige Haushälterin der Familie, ob sie für die Kinder kochen durfte oder Angst vor dem Arzt gehabt habe  - allerdings mit Details, die nicht im Akt stehen.

Das machte Richter Oliver Graf stutzig: "Woher kommt das?" Die Anwältin muss zugeben, dass dies die Abschrift eines Gesprächsmitschnitts zwischen der Zeugin, der Ex-Frau Lopatkas und dessen Ex-Geliebter im Mai 2015 gewesen sei.

Doch von der Aufnahme habe sie nichts gewusst, empört sich die Zeugin. "Dann sind Sie genauso überrascht wie ich", kommentierte der Richter. Er lässt das Protokoll aber zu.

Das Urteil wird kommende Woche erwartet, Richter Oliver Graf hat den 16. Mai dafür anvisiert, er vertagte die Verhandlung am frühen Dienstagnachmittag. Im ersten Prozess 2017 sprach Richter Andreas Rom Lopatka frei, das Oberlandesgericht hob den Freispruch aber auf. Aus dem Grund wird seit Februar neu verhandelt.

Die Anklage ist aber die selbe geblieben: Staatsanwalt Christian Kroschl wirft Lopatka vor, seine damals minderjährigen vier Kinder, mehr als zehn Jahre lang seelisch gequält zu haben. So mussten sie miterleben, wie der Vater mit Suizid drohte und sehen, dass er sich selbst verletzt hatte. Eine Tochter musste ihm einen Schraubenzieher aus dem Bauch ziehen, der Sohn als Elfjähriger Medikamente spritzen. Lopatka wies auch im zweiten Verfahren jeden Vorwurf ab.

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