Gefahr der virtuellen Welt: Wo Kinder zu süchtigen Zockern werden

Kind vor Computer
Fast 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Österreich spielen online. Arbeiterkammer fordert nun Verbot spezieller In-Game-Käufe: Sie seien Glücksspiel.

"Ich hab' verloren und es noch einmal probiert, damit ich den Verlust wieder rein kriege", beschreibt der 17-jährige Mario (Name geändert). "Aber irgendwann ist der Verlust zu hoch.

Mario ist einer jener jungen Österreicherinnen und Österreichern, die Online-Games spielen - und Geld dafür ausgeben, obwohl viele Spiele fürs Erste gratis angeboten werden. Doch erst durch sogenannte In-Game-Käufe lässt sich ein gewisser Erfolg im Spiel erzielen. 

"Es gibt einige wenige Firmen, die das anbieten und damit sehr viel Geld machen" kritisiert Markus Meschik von der Universität Graz. "Und das weitgehend unreguliert."

Die Arbeiterkammer Steiermark ließ eine Studie über die Gefahr der Online-Spiele erstellen. Meschik und sein Team befragten dazu rund 2.600 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ganz Österreich.

"In die Irre geführt"

Das Resultat sei alarmierend, mahnt AK-Präsident Josef Pesserl bei der Präsentation am Freitag: "In Wahrheit werden Kinder und Jugendliche in die Irre geführt und manipuliert."  

Befragt wurden rund 2.600 Personen zwischen 10 und 19 Jahren.

  • 85 Prozent hatten bereits mit Online-Spielen zu tun, in denen In-Game-Käufe möglich sind
  • 55 Prozent haben Geld dafür ausgegeben
  • 44 Prozent haben zumindest einmal "Lootboxen" gekauft oder geöffnet
  • 64 Prozent bezahlten über Gutscheinkarten
  • 170 Euro gibt jeder Spieler und jede Spielerin durchschnittlich pro Jahr aus 

Laut Umfrage zeigten sich nämlich extreme Ähnlichkeiten mit Glücksspiel und Glücksspiel-Sucht von Erwachsenen auch schon bei Kindern und Jugendlichen, wenn sie Online-Gaming betreiben. 

Durchschnittlich gab jeder Befragte rund 170 Euro pro Jahr für In-Game-Käufe aus, rechnet Studienleiter Meschik vor, aber: "Zehn Prozent der Spielenden verursachen 71 Prozent aller Ausgaben." Das sei eine auffallende Parallele zum Verhalten Erwachsener, die spielsüchtig seien.

Männlich und süchtig

Diese jungen Risikospieler seien Großteils männlich und zeigten starkes Suchtverhalten, führt der Experte weiter aus: Sie verschwiegen Verluste, prahlten aber mit Gewinnen, so es welche gibt.    

Wofür das Geld ausgegeben wird, hängt von der Art des Spiels ab. Gängig sind aber etwa "Skins", mit denen man seine Figur optisch verändern und auch stärken kann. Bedenklich seien aber vor allem sogenannte "Lootboxen". Sie sind vergleichbar mit einer Art 'Schatzkiste", die man erst nach Bezahlung öffnen kann und deren Inhalt zuvor ein Geheimnis ist.

Vorbilder Belgien und Niederlande

Bei diesen Schatzkisten setzen Meschik und Pesserl an: Sie glichen ihrer Auffassung nach Glücksspiel, das aber in Österreich erst ab 18 Jahren erlaubt ist. 

Das Bezirksgericht in Hermagor in Kärnten kam vor rund einem Jahr zum selben Urteil und gab einen Studenten Recht, der einen Konsolenspiel-Hersteller genau deshalb geklagt hatte.

Demnach müsste hier eine gesetzliche Schranke eingezogen werden, wie dies bereits in Belgien und den Niederlanden gemacht wurde: Die Staaten haben "Lootboxen" über ihre Verbraucherschutzgesetze Riegel vorgeschoben und verboten.

Spiele mit solchen Kaufmöglichkeiten dürfen in Belgien und den Niederlanden nicht mehr auf den Markt. Für Belgien mussten Hersteller beliebter Spiele die Zahlfunktion mit echtem Geld deaktivieren

Verbot in Österreich gefordert

Eine solche Regulierung fordert die Arbeiterkammer auch für Österreich: "Die Gefahren der virtuellen Welt sind sehr real", begründet Präsident Pesserl. "Besonders im Bereich von Kindern und Jugendlichen müssen diese Gefahren durch gesetzliche Regelungen entschärft werden."

Weitere Vorschläge der AK sind, Guthabenkarten zu regulieren (etwa das Kaufalter auf 18 Jahre zu heben) oder Sperren in den Spielen selbst zu schaffen, etwa Käufe nur mit Pausen tätigen zu können.

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