Tipps für Eltern: So unterstützen Sie Ihr Kind, die Sprache zu lernen

Handy weg und mit dem Kind sprechen - es lernt vom ersten Tag seines Lebens
Wer will, dass sein Kind eines Tages gut und gerne liest, der sollte möglichst früh die Grundlagen dafür legen. Welche das sind, weiß Linguist Wolfgang Dressler.

Wie lernen Kinder Sprache und welche Unterstützung brauchen sie? Linguist Wolfgang Dressler hat folgende Tipps für Eltern:

So helfen Eltern ihren Kindern im Babyalter

Schon von Geburt an sollten Eltern mit dem Nachwuchs kommunizieren. Was Dressler noch rät:

  • Viele Reime aufsagen und Lieder singen - diese häufig wiederholen.

  • Feststellen, wo das Baby gerade hinsieht, und dann gezielt über die Dinge sprechen, die seine Aufmerksamkeit im Moment erregen.

  • Alle wichtigen Alltagsgegenstände und Körperteile des Babys benennen und das häufig wiederholen.

  • Erstes gemeinsames Ansehen von Bilderbüchern, die man immer wieder anschaut. 

  • Handy weg, wenn das Baby wach ist.

  • Kein Fernseher im Hintergrund.

  • In mehrsprachigen Familien: die Sprache(n) mit dem Baby sprechen, die man selbst besonders gut beherrscht (Methode „eine Person – eine Sprache“ funktioniert meistens gut).

    Warum Reime und Lieder für Kinder so wichtig sind, erfahren Sie im folgenden Artikel:

Was sich ab dem Kleinkindalter ändert

Ab dem zweiten Lebensjahr wird die Sprache verfeinert und verbessert - mithilfe der Eltern. Das hilft beim Spracherwerb:

  • Passen Sie die eigene Sprache an den Sprachstand des Kindes an, damit es Sie gut versteht. Vervollständigen Sie kurze Äußerungen des Kindes zu ganzen Sätzen.

  • Korrektives Feedback: Eine unvollständige oder fehlerhafte Äußerung des Kindes korrekt wiederholen.

  • Wenn sich das Kind für etwas interessiert, sollten Sie längere Zeit über dieses Thema mit ihm sprechen: verschiedene Aspekte ansprechen, Erinnerungen an gemeinsame Erlebnisse, die zu dem Thema passen, wachrufen, dem Kind Fragen zum Thema stellen und auf seine Antworten reagieren, das Kind nicht unterbrechen

  • Häufig gemeinsam Bilderbücher ansehen und in angepassten Sätzen, die das Kind gut versteht, darüber reden. Stellen Sie viele Fragen zu den Bildern und geben Sie positive Rückmeldungen, wenn das Kind Ihre Fragen dazu beantwortet. Erfinden Sie gemeinsam Geschichten.

  • Ist das Kind etwas älter - wie alt hängt vom Kind ab - lesen Sie ihm Kinderbücher vor. 

  • Sobald der Bub oder das Mädchen ein klein wenig lesen kann, lesen Sie gemeinsam.

  • Gemeinsame Rituale wie die tägliche Gute-Nacht-Geschichte entwickeln.

  • Reimen, singen und musizieren Sie gemeinsam.

  • Erfinden Sie gemeinsam lustige Wörter („Donaudampfschifffahrtsgesellschaftskapitänskajütenbettdeckenüberzugsknopfloch…“)

  • Gemeinsames Zeichnen, Malen und Basteln und darüber sprechen, was man genau zeichnet, malt, bastelt, empfehlen Linguisten ebenso: Nennen Sie Farben und Formen.

  • Das Gleiche gilt für gemeinsames Bauen (Bausteine, LEGO, …)

  • Gemeinsames Spielen von Karten- und Brettspielen:  Farben, Formen und Zahlen benennen, Zählen üben, darüber sprechen, was man gerade macht.

  • Gemeinsame Ratespiele (z.B. „Ich seh, ich seh, was du nicht siehst, und das ist …“)

  • Gemeinsame Rollenspiele (mit Stofftieren, Puppen, Autos, …)

  • Gemeinsames Kochen und Essen und darüber sprechen, welche Küchengeräte und Lebensmittel man verwendet, dabei Oberbegriffe und Unterbegriffe verwenden (z.B. Unterschiede zwischen Obst und Gemüse ansprechen), Geschmacksrichtungen benennen.

  • Das Kind Dinge auswählen lassen und darüber sprechen: Welchen Pullover willst du anziehen oder welches Obst möchtest du essen?

  • Interesse an Erlebnissen und Gefühlszuständen des Kindes zeigen.

  • Eltern und später KindergartenpädagogInnen sollten häufig ihre eigenen Gefühle artikulieren und dabei Ich-Botschaften aussenden.

  •  Positive Rückmeldungen aller Art (wenn möglich, häufiger „ja“ als „nein“ sagen).

  • Spezifische Bestärkung, wenn das Kind etwas gut gemacht hat.

  • Sich nicht über das Kind lustig machen.

  • Aufforderungen häufiger in Form von Fragen formulieren als in Form von Imperativen und Infinitiven. Also nicht: "Mach die Türe zu", sondern "Kannst du die Türe zumachen?".

  • Sprachliche Vorbildwirkung: Eltern/PädagogInnen sollten zu den Kindern höflich und freundlich sein und es nicht nur von den Kindern verlangen - auch Eltern sollen „Bitte“ und „Danke“ sagen.

  • Wenn ein Kind einen Grammatikfehler macht, sollten die Eltern/PädagogInnen den Fehler nicht explizit korrigieren („Das heißt aber …“, „Das ist falsch.“), sondern den Satz korrekt wiederholen und ihn dabei eventuell leicht umformulieren, damit er noch ins Gespräch passt.

  • Bei Konflikten mit Geschwistern oder anderen Kindern im Kindergarten Kompromisse aushandeln.

  • Möglichst wenig Fernsehen, YouTube oder Spiele am Handy/Tablet/Computer. Fernsehen nur, wenn angemessene Inhalte ausgewählt, mit den Kindern gemeinsam geschaut und nachher besprochen werden.

  • In mehrsprachigen Familien: akzeptieren, wenn das Kind eine Sprache nicht (mehr) sprechen will; trotzdem konsequent weiter in dieser Sprache sprechen, aber dem Kind - wenn möglich -  erlauben, in der anderen Sprache zu antworten, Kontakte mit Großeltern und anderen Verwandten (vor allem auch mit Kindern) ermöglichen, die ausschließlich oder hauptsächlich die weniger beliebte Sprache sprechen.

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