Lawinengefahr im Westen weiterhin groß, aber auch Warnungen in NÖ

Lawinengefahr im Westen weiterhin groß, aber auch Warnungen in NÖ
Man spricht von „einzigartiger“ Lawinensituation im Land. Rund 100 Lawinenereignisse in wenigen Tagen in Tirol.

Nach Neuschnee und stürmischem Wind bleibt die Lawinensituation in weiten Teilen Tirols und Vorarlbergs kritisch. Der Tiroler Lawinenwarndienst gab für Dienstag große Lawinengefahr (Warnstufe Vier auf der fünfteiligen Skala) für das westliche Nordtirol, den Alpenhauptkamm und den Osttiroler Tauernkamm aus. In Vorarlberg waren unter anderem die Lechtaler Alpen, das Bregenzerwaldgebirge sowie Verwall und Rätikon von großer Lawinengefahr betroffen.

Seitens der Lawinenwarndienste wurde eindringlich an die Wintersportler appelliert, auf den gesicherten Pisten zu bleiben. Im Laufe der Woche sollte sich die Lawinensituation entspannen.

Lawinen können spontan abgehen

Im Rest Tirols und Vorarlbergs herrschte vorerst Lawinengefahrenstufe Drei (=erheblich) und nur im südlichen Osttirol Lawinengefahrenstufe Zwei (=mäßig), so die Prognose von Rudi Mair, dem Leiter des Lawinenwarndienstes in Tirol. Die Hauptgefahr gehe derzeit von „den durch Neuschnee mit stürmischem Nordwestwind entstandenen, umfangreichen Triebschneeansammlungen“ aus. Dabei könnten Lawinen leicht ausgelöst werden oder sogar spontan abgehen. Sie können zudem „stellenweise den schwachen Altschnee mitreißen und groß werden, auch Fernauslösungen sind möglich“, warnte der Experte.

Gefahrenstellen seien außerdem häufig schlecht zu erkennen: „Sie liegen an allen Expositionen oberhalb der Waldgrenze, auch an steilen Schattenhängen im Bereich der Waldgrenze sowie an Triebschneehängen in hohen Lagen und im Hochgebirge“. In schneereichen Gebieten seien Gleitschneelawinen und Rutsche zu erwarten. Die aktuelle Lawinensituation erfordere deshalb „viel Erfahrung in der Beurteilung der Lawinengefahr und große Zurückhaltung“, unterstrich Mair.

Sperren veranlasst

Zur Vorsicht hatte ebenso Innsbrucks Vizebürgermeister Johannes Anzengruber (ÖVP) in einer Aussendung am Montag aufgerufen. Aufgrund „erheblicher Gefahr“ sah sich die Lawinenkommission der Tiroler Landeshauptstadt abermals gezwungen, „zum Schutze der Bevölkerung“ Sperren im Bereich der Nordkette zu veranlassen. So bleibt der Kollnerweg (Höttinger Bild bis Gramartborden) sowie die Zufahrt zur Arzler Alm bis auf weiteres unpassierbar, informierte Anzengruber.

Lawinengefahr im Westen weiterhin groß, aber auch Warnungen in NÖ

Aufgrund der „einzigartigen“ Lawinensituation investiere die Stadt auch „laufend in Lawinenschutz“, unterstrich der Vizebürgermeister im Anschluss an eine Pressekonferenz am Dienstag und nannte die Verbauung der Mühlauer Klamm und die erneuerten Bremshöcker im Bereich der Arzler Alm als rezente Beispiele für ebenjene Investitionen. Die Aufforstung des Schutzwaldes mit mehr als 20.100 Bäumen nach dem Abgang einer großen Staublawine im Jahr 2019 sei mittlerweile abgeschlossen. Im Westen Innsbrucks soll ab Sommer ein 30 Jahre alter Lawinenauffangdamm saniert werden - die Kosten in der Höhe von rund 3,2 Millionen Euro teilen sich Bund, Land und Stadt, informierte Anzengruber. Elektronische Lawinentafeln geben künftig Auskunft über die Lawinensituation im Bereich der Nordkette. Mit der städtischen App „Innsbruck gemeinsam“ haben interessierte Bürger die Möglichkeit, sich im Rahmen einer „Lern-App“ aktiv zu informieren und ihr Wissen selbst zu überprüfen.

In den vergangenen Tagen war es allein in Tirol zu rund 100 Lawinenereignissen gekommen. 490 Bergrettungsleute und 30 Alpinpolizistinnen und -polizisten mussten ausrücken. Es gab so viele Einsätze wie nie zuvor. Viele Unfälle mit Wintersportlern gingen glimpflich aus, dennoch starben neun Menschen am Wochenende in Österreich bei Lawinenabgängen. Ein besonders tragisches Ereignis passierte in Spiss an der tirolerisch-schweizerischen Grenze, wo fünf Menschen ihr Leben in den Schneemassen verloren.

Niederösterreich

Weil Sturm und Neuschnee auch in Niederösterreich zu einem Anstieg der Lawinengefahr führen, hat Landeshauptfrau-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) am Dienstag eindringlich darauf hingewiesen, dass Unvorsichtigkeit, unüberlegtes Handeln, schlechte Vorbereitung oder unzureichende Ausrüstung "im schlimmsten Fall fatal enden" könnten. "Wer in den Bergen seine Freizeit genießt, darf seinen Hausverstand nicht zu Hause vergessen!", betonte er in einer Aussendung.

Es gelte, so Pernkopf, stets eine gewissenhafte Gefahrenbeurteilung vorzunehmen und sich über die Lawinensituation zu informieren. Das Mitführen von Lawinenverschütteten-Suchgerät, Lawinensonde und Lawinenschaufel sei unerlässlich und könne Leben retten. Nicht zuletzt verwies der Landesvize auf die Homepage www.lawinenwarndienst-niederösterreich.at.

Grund für die erhöhte Gefahr in den Bergen sind laut NÖ Lawinenwarndienst hohe Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 km/h gepaart mit Neuschnee. In den Ybbstaler und Türnitzer Alpen habe es bis zu 30 Zentimeter geschneit. Die Kombination aus Wind und Schnee führe zu Verfrachtungen, weshalb sich störanfällige Triebschneebereiche bilden würden.

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