Kärnten arbeitet jeden Drogentod auf

Kärnten arbeitet jeden Drogentod auf
Heuer bereits zehn Tote. Drogenambulanz überfüllt, einzige stationäre Therapieeinrichtung im Clinch mit dem Land

Kärnten hat ein Drogenproblem. Zehn Menschen sind heuer an Überdosierungen gestorben, während die Zahl im langjährigen Schnitt bei acht Opfern pro Jahr liegt. Damit ist Kärnten das einzige Bundesland, das einen Anstieg an Drogentoten zu verzeichnen hat. Inzwischen ist auch die Politik auf die Problematik aufmerksam geworden: am 1. August wird in Klagenfurt ein Suchtgipfel stattfinden, zu dem Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) Drogenexperten, Streetworker, Polizei, und Ärztekammer lädt. Der KURIER checkt im Vorfeld die Fakten:

Das Land will eine Kommission einrichten, die alle zehn Todesfälle untersuchen und auf Parallelen abklopfen soll Gibt es solche?

Nein. Die einzige Gemeinsamkeit ist: es handelt sich ausschließlich um Männer. „Ansonsten hat jedes Opfer eine andere Vita. Auch die Suchtmittel sind unterschiedlich, von Heroin bis Mischkonsumationen. Meist waren Medikamente beim tödlichen Cocktail dabei“, sagt Karl Schnitzer, Leiter der Suchtgiftgruppe.

Kärnten hatte im Vorjahr österreichweit das erste Opfer des als „Todesdroge“ bekannten U47700, auch „Pinky“ genannt, zu beklagen. Welche Rolle spielt dieses synthetische Opioid in der Szene?

Bei den bisherigen toxikologischen Untersuchungen im Jahr 2018 wurde „Pinky“ nicht festgestellt. „Aber die Substanz ist in Kärnten am Markt, so wie Heroin, Kokain. Derzeit ist immens viel Suchtgift im Umlauf“, sagt Barbara Drobesch, die Suchtgiftbeauftragte des Landes. „Die Drogen sind kaum gestreckt, in reiner Qualität erhältlich“, fügt Schnitzer hinzu.

Welche kärnten-spezifischen Auffälligkeiten gibt es außerdem?

Kärnten gilt als Drogenumschlagplatz für Gesamt-Österreich. „Unser Bundesland ist die Schiene der K uriere von Italien und Slowenien in die anderen Bundesländer“, erklärt Drobesch. Außerdem fehlen in Kärnten Therapieplätze. Der akute Entzug findet in Intensivstationen in den Kliniken statt. Stationäre Entwöhnungsbetten in den Häusern in Klagenfurt und Villach gibt es aber nur jeweils zwei – mit monatelangen Wartezeiten.

Warum gibt es keine stationäre Langzeittherapie?

Die gäbe es in Form von 36 Plätzen bei OIKOS, dem Verein für Suchtkranke in Klagenfurt. Aktuell sind in dieser Einrichtung sogar Kapazitäten frei. Das Land arbeitet mit OIKOS allerdings nicht mehr zusammen. „Wir schließen nur Verträge mit Einrichtungen ab, die die vorgeschriebenen Qualitätsstandards einhalten“, sagt Prettner. OIKOS würde keine Kontrollen zulassen. „Das stimmt nicht. Kontrollen sind ständig möglich, wir erfüllen sämtliche Auflagen“, kontert Andrea Wulz, Obfrau-Stellvertreterin des Vereins. Bei OIKOS werden derzeit jedenfalls Patienten aus anderen Bundesländern betreut, nicht aber solche aus Kärnten. Die Drogensüchtigen wenden sich vermehrt an die Klagenfurter Drogenambulanz. „Wir haben im März ein neues Gebäude bezogen, betreuen 700 statt vorher 400 Patienten. Aber die Ambulanz platzt wieder aus allen Nähten“, betont Leiterin Claudia Scheiber.

Wie könnte man die Lage entschärfen?

Kärnten braucht eine eigene Drogenstation mit entsprechendem Fachpersonal“, fordert Scheiber. Prettner verweist auf den Regionalen Strukturplan Gesundheit, der bis Ende 2019 in Kärnten 15 stationäre Entwöhnungsbetten in Klagenfurt und Villach vorsieht. Scheiber nimmt weiters die niedergelassenen Ärzte in die Pflicht, um die Ambulanzen zu entlasten. „Stabile Patienten könnten ihre Substitutionstherapie auch bei Psychiatern oder Allgemeinmedizinern absolvieren. In Wien ist das Praxis“, erklärt Scheiber. Dafür müssten die Ärzte eine entsprechende Zusatzausbildung absolvieren.

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