An das einst flächenmäßig größte Konzentrationslager in Österreich erinnern noch heute einige Objekte: Zwei gemauerte Baracken, in denen einst die SS-Mannschaften wohnten, der martialische Steinbrecher vor dem Gusener Granitsteinbruch oder das privat genutzte und umgebaute Kommando-Gebäude „Jourhaus“ .
„Dort drüben standen ein paar Öfen, die hat man aber nicht gesehen, weil sie völlig überwuchert waren“, schildert J. Anders als viele andere Häuslbauer hier habe er keine vom KZ übrig gebliebenen Granitsteine verwendet.
Die angesprochenen Öfen beziehen sich auf das Krematorium des Lagers Gusen I. Eine internationale KZ-Opfergruppe hat es zum Kernelement des Memorials Gusen gemacht. 1965 wurde es eröffnet. Der Turm und die mächtige Betonmauer rundum, inmitten der Siedlung sind von Weitem sichtbar.
Polen überlegt, die unverbauten Reste des ehemals vier Hektar großen Appellplatzes zu kaufen. Das im Besitz zweier Unternehmer befindliche Areal ist zum Teil völlig verwildert.
„Dort mussten die Tausenden vor ihrem qualvollen Tod antreten. Die Polen finden es entwürdigend, wie mit diesem Ort umgegangen wird“, sagt Martha Gammer vom Gedenkdienstkomitee Gusen. Die Republik Österreich müsse jetzt rasch handeln und noch erwerbbare KZ-Reste selbst kaufen, verlangt sie.
Auch der Langensteiner Bürgermeister Christian Aufreiter forderte zuletzt, dass hier endlich etwas geschehen müsse. „Im äußersten Notfall müssen wir versuchen, über ein neues internationales Konsortium um einen Ankauf mitzuverhandeln“, kündigt Gammer an.
An der Situation in Gusen sei einerseits die Sowjet-Armee und andererseits die Republik Österreich selbst schuld, behauptet die Historikerin Gammer. Die Russen schleiften das Lager vor ihrem Abzug fast gänzlich. Ende der 1950er-Jahre wurde das Areal aufparzelliert, „und um vier Schilling pro Quadratmeter verkauft“.
Damals siedelten sich hauptsächlich Auswärtige, die keinen Bezug zum KZ hatten, wegen der Nähe zur Landeshauptstadt Linz an. „Heutigen Bewohner kann man absolut keine Vorwürfe machen“, sagt Gammer. Bei Gedenkmärschen und Veranstaltungen seien die Anrainer rege mit dabei.
Ansonsten herrsche aber Reserviertheit.
Was der KURIER-Reporter in den engen Siedlungsgassen auch bemerkt. Niemand will sich zum Thema mit dem Namen in der Zeitung lesen.
Zwischen Blumen- und Ahornstraße erzählt eine 78-jährige Radfahrerin. Von den aktuellen Diskussionen mit den Polen habe sie nichts gehört, sagt sie. Vor 40 Jahren zugezogen, interessiert sie die dunkle Geschichte der Siedlung eigentlich nicht. „Es hat Tote gegeben. Heute ist alles anders“, sagt sie.
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