Krisen, Krieg, Teuerung: Erstmals Rückgang bei Spenden befürchtet

Krisen, Krieg, Teuerung: Erstmals Rückgang bei Spenden befürchtet
In Wien wurde der Spendenbericht für 2022 präsentiert. Viele Organisationen verzeichnen Rückgänge. Entscheidend sind nun die Spenden in Weihnachtszeit.

Die Pandemie-Jahre mit Lockdowns und Kurzarbeit, der Krieg und die Energiekrise samt Teuerung: Viele Menschen müssen sparen. Das zeigt sich auch bei der Spendenbereitschaft. Mittwochvormittag wurde in Wien der Spendenbericht für 2022 präsentiert. Und das „erstmals mit Sorgenfalten“, wie Günther Lutschinger, Geschäftsführer des Fundrainsing Verbands Austria, sagte.

Zwar sind die Österreicherinnen und Österreicher nach wie vor großzügig, dennoch verzeichnen viele Organisationen aufgrund der Rekordteuerung seit Monaten Rückgänge. Entscheidend sei die Weihnachtszeit, in der normalerweise 25 bis 30 Prozent der Spenden einlangen.  

Bis zu 900 Millionen möglich

„Wenn die positiven Berechnungen stimmen, kommen wir heuer auf 900 Millionen Euro an Spenden, was ein gewaltiger Betrag wäre“, erklärte Lutschinger. Zum Vergleich: Das wäre mehr als in den Pandemiejahren 2021 (870 Millionen) und 2020 (810 Millionen). Tritt hingegen das negative Szenario ein, könnte man auch darunter liegen.

Was liegt den Österreichern besonders am Herzen? Ein bestimmendes Thema ist heuer freilich die Ukraine. „In diesem Jahr erlebten wir den schlimmsten Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg. Das hat zu einem unglaublichen Spendenaufkommen geführt“, erklärte Lutschinger. Allein in den ersten Monaten wurden mehr als 100 Millionen Euro gespendet.

Kinder und Tiere

Ansonsten wird am meisten für Kinder gespendet (33 Prozent der Spenden), am zweitmeisten für Tiere (32 Prozent). Danach folgen Bettler und Obdachlose (22 Prozent), Katastrophenhilfe im Inland (21 Prozent) und dann Projekte zum Bekämpfen des Hungers in der Welt (14 Prozent).

Und wer gibt? In Österreich ist dies vor allem der Mittelstand. „Menschen aus dem Mittelstand spenden überproportional deutlich mehr als Vermögende. Die Kultur des Gebens bei Vermögenden ist bei uns nicht so ausgeprägt wie etwa in Deutschland, Liechtenstein oder der Schweiz“, beschrieb Lutschinger.

Auch Menschen mit Migrationshintergrund seien sehr spendenfreudig, auch wenn man die Daten in diesem Bereich für 2022 erst auswerten müsse. „Aber diese Menschen wissen oft, was es heißt, in Not zu sein.“

Weniger Spenden

Freilich gibt es aber, wie bereits erwähnt, auch Bereiche, die den Rückgang der Spendenbereitschaft bereits bemerken, etwa die Entwicklungszusammenarbeit. „Dieser Rückgang tut uns weh“, erklärte Reinhard Heiserer, Geschäftsführer von „Jugend eine Welt“.

„Wir wissen, dass die Gas- und Stromrechnungen ein riesiges Loch in den Geldbeutel reißen“, sagte Heiserer. Dennoch seien viele Projekte bereits gefährdet oder könnten nur verzögert umgesetzt werden: „Für ein Kinderschutzzentrum in Lagos fehlen uns etwa schon die Mittel.“ Dabei entscheide sich jetzt, Ende 2022, welche Projekte 2023 finanziert und umgesetzt werden können. Nicht zu vergessen: „Unser Leben hängt auch von den Menschen im Globalen Süden ab. Wir trinken immerhin selbstverständlich unseren Kaffee aus Äthiopien und Orangensaft aus Brasilien.“

"Keine Raketenwissenschaft"

Kritik kommt auch an der Politik: „Das Regierungsprogramm ist voll mit Plänen für die Gemeinnützigkeit. Aber nach drei Jahren ist noch immer nichts davon umgesetzt“, sagte Lutschinger. Zentral wären etwa Verbesserungen bei der steuerlichen Absetzbarkeit. „Warum ist etwa eine Spende für eine Schule in Rumänien steuerlich begünstigt, und eine Spende für eine Schule in Österreich nicht? Das ist unlogisch“, gab er ein Beispiel. „Dabei wäre es keine Raketenwissenschaft, die Steuerbegünstigung etwa auch auf den Bildungsbereich auszuweiten.“

„Die Weihnachtsspende war noch nie so wichtig wie heuer“, betonte Lutschinger jedenfalls am Ende der Präsentation. „Wenn man nach einem sinnvollen Geschenk sucht, könnte man etwa eine Spende in Form einer Patenschaft schenken.“ 

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