Ein Weg mit Geschichte
Von hier schicken Südtiroler Bauern bis heute ihre Rinder zum Weiden auf Sommerfrische ins vom Südwind begünstigte Achental. Als sogenannter Saumweg wurde der Pfad über die Krimmler Tauern nachweislich bereits im Jahr 1154 genutzt, um etwa Wein aus Bozen über den Pass zu bringen – und Salz in die andere Richtung.
„Die Tauern wurden immer eher als Übergang gesehen denn als Berg“, weist auch Wolfgang Urban, Direktor des Salzburger Teils des Nationalpark Hohe Tauern, im Gespräch mit dem KURIER auf das verbindende Element des Passes hin.
Fluchtroute
Zusätzliche Bedeutung bekam der Weg im Jahr 1947 als Fluchtroute für rund 5.000 Holocaustüberlebende, die großteils aus Osteuropa stammten. Die jüdische Hilfsorganisation Brichah schleuste sie in anstrengenden, bis zu 15-stündigen Fußmärschen über den Pass nach Italien, um ihnen so eine Chance auf eine Ausreise nach Palästina zu ermöglichen.
Möglich war das damals nur auf der rund zehn Kilometer langen Strecke zwischen Salzburg und Südtirol, auch der Weg über den Brenner war auf politischen Druck Großbritanniens hin versperrt. „Die Geschichte des Krimmler Tauernweg ist sehr vielschichtig“, stellt Urban fest.
Denkmalschutz
Es verwundert also nicht, dass ein so geschichtsträchtiger Weg unter Denkmalschutz steht. Zumal „befestigte Säumerwege als Alpenübergänge in einem derart guten Erhaltungszustand eine große Seltenheit“ darstellen, und der Weg auch als „Fluchtroute für Holocaustüberlebende“ eine „zeitgeschichtliche Bedeutung besitzt“, wie es in der Erklärung des Bundesdenkmalamtes (BDA) heißt.
Der Auslöser für die Aufnahme in den Denkmalschutz waren jedoch unsachgemäße Baggerarbeiten im Zuge von Sanierungsarbeiten des zunehmend schadhaften Wegs im Jahr 2020.
Illegal angebaggert
Seit Anfang Juni läuft die Sanierung, die nach längerem Hin und Her schließlich der Nationalparkfonds übernommen hat, wieder. Den Vorgaben des BDA entsprechend arbeitet man händisch und mit leichtem Gerät.
Vergangene Woche dann die böse Überraschung: Offenbar war auf einem Abschnitt des Weges wieder ein Bagger zum Einsatz gekommen. „Uns wurden die Bilder übermittelt, wir haben dann Meldung ans BDA und an die Bezirkshauptmannschaft Zell am See gemacht“, sagt Wolfgang Urban. „Zusätzlich haben wir ein nationalparkrechtliches Wiederherstellungsverfahren eingeleitet.“
Wer der Verursacher gewesen ist, darüber könne man derzeit nur Mutmaßungen anstellen. Allzu groß sei der Kreis der in Frage kommenden aber nicht, meint Urban: „Es wird kein völlig Unbeteiligter einen Bagger beauftragt haben, der mit dem Tal nichts zu tun hat.“ Es läge daher nahe, dass jemand, der hier Grundeigentümer ist, hinter den illegalen Baggerarbeiten stehe. „Das ermitteln wir gerade, mögliche Verursacher haben wir bereits zu Stellungnahmen aufgefordert.“
Die Folgen
Der aktuelle Teilabschnitt der Sanierung sei glücklicherweise nicht betroffen. „Wir wollten ohnehin mit dem obersten Abschnitt beginnen, dort sind unsere Arbeiter schon im Einsatz. Solange die Situation aber nicht endgültig geklärt ist, werden wir den illegal bearbeiteten Abschnitt aber nicht angreifen.“
Das könne sich wohl noch einige Zeit hinziehen und den kompletten Abschluss der Sanierungsarbeiten verzögern, meint der Direktor. „Es könnte uns aber auch diesen Teil der Sanierungen ersparen – nachdem der Verursacher ohnehin für dessen Wiederherstellung verantwortlich ist.“
Gebaggert wurde zudem auf einer Wegstrecke, die nicht mit den charakteristischen Steinplatten verlegt ist. Es sei in dem Bereich der schon vorhandene Weg verbreitert worden, wegebaulich sei das nicht weiter schlimm – „aus Sicht des Denkmalschutzes ist es aber ein großer Eingriff“. Und unter Denkmalschutz stehe ja – und das mit gutem Grund – die gesamte Länge des Krimmler Tauernweges.
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