Erst im Frühling ist die Ottokar-Kernstock-Gasse in Graz zur Maria-Stromberger-Gasse geworden. So wurde eine Widerstandskämpferin statt des Verfassers des Hakenkreuzliedes zur Namensgeberin. Auch in Krems an der Donau wurde nun wieder eine Straße mit einer Begleittafel ausgestattet – in der Hans-Plöckinger-Straße in Stein ist künftig u. a. zu lesen: „Problematisch sind seine NSDAP-Mitgliedschaft, seine Betätigung als Ratsherr in der NS-Stadtverwaltung und die antisemitischen Stellen in manchen seiner Schriften.“
Das wurde der Stadt vom „HistorikerInnenbeirat“ empfohlen. „Wir sind grundsätzlich da, um die Stadt Krems in zeithistorischen Belangen zu beraten“, sagt Edith Blaschitz, Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität für Weiterbildung Krems und Mitglied des Beirats. Einerseits gäbe es immer wieder Hinweise aus der Bevölkerung bezüglich belasteter Persönlichkeiten, der Beirat selbst stoße natürlich ebenso immer wieder auf Namen, die dann nachrecherchiert werden.
Lernen aus der Geschichte
Prinzipiell reagiere man anlassbezogen, man habe unterschiedliche Kategorien entwickelt. Meistens wird mit Zusatztafeln gearbeitet. In Krems wurde bis dato nur eine Straße wegen eines problematischen Namens umbenannt. Die Maria Grengg-Gasse in Stein trägt mittlerweile seit bald drei Jahren den Namen der Reformpädagogin Margarethe Schörl. Die Heimatdichterin Grengg habe ihre Verehrung von Adolf Hitler offen bekundet, wurde die Entscheidung damals begründet. Das war insofern hier auch einfacher zu ändern, da es sich um eine sehr kurze Straße handelt, in der sich mehrere Bildungseinrichtungen befinden.
Für Blaschitz ist es gerade 80 Jahre nach dem Krieg wichtig, klar zu kommunizieren, welche Personen aktiv im NS-Regime tätig waren: „Man muss über die Vergangenheit Bescheid wissen und kann nicht so tun, als wäre das alles nie geschehen. Das Lernen aus der Geschichte hat eine große Bedeutsamkeit für die Gegenwart.“
Im Beirat habe man immer wieder diskutiert, ob es Zusatztafeln brauche. Es müsse immer abgewogen werden. Blaschitz findet es auch sinnvoll, wenn der ursprüngliche Name bleibt, „weil sonst wäre es wieder eine Art Löschen“ dieser Geschichte. „Wenn man eine Tafel hat, ist das auch ein Hinweis darauf, wie in Österreich oft sehr fahrlässig mit dem Thema umgegangen wurde.“
Gerald Lamprecht, Leiter des Instituts „Jüdischen Studien“ der Uni Graz, hat sich ebenso intensiv mit dem Thema der belasteten Straßennamen beschäftigt. In Österreich sei es mittlerweile üblich, dass man Kontexttafeln anbringt und in den meisten Fällen keine Umbenennungen durchführt. Es sei immer ein Prozess des Aushandelns, sagt der Historiker.
„Persönlich finde ich, wenn man aber darüber übereinkommt, dass man nicht will, dass eine Person geehrt wird, dann muss man die Straße umbenennen. Ich glaube, der große Mehrwert ist der gesellschaftliche Diskurs. Steht die Person, die da geehrt wird, für die Werte, die wir als Gesellschaft vertreten?“
Werde dann eine Straße umbenannt, sei es eben wichtig, diesen Prozess zu dokumentieren und zu erklären. „Das macht klar, wir als Stadtgemeinde finden nicht, dass jemand mit der Vergangenheit uns repräsentiert. Das ist wichtig.“
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