Kraftwerksbau: WWF warnt vor Konflikten ums Ötztaler Trinkwasser

Kraftwerksbau: WWF warnt vor Konflikten ums Ötztaler Trinkwasser
Die Tiwag will Wasser von zwei Ötztaler Bächen ableiten. In Kombination mit dem Gletscherschwund sieht eine Studie die Wasserreserven des Tals durch das Projekt gefährdet.

Österreichs Gletscher schmelzen in einem Tempo, das atemberaubend ist. 2022 war das Rekordjahr, was den Rückgang der Eisriesen betrifft. Zu den größten Verlierern zählten dabei laut den Messungen des Alpenvereins die Ötztaler Alpen.

Der WWF hat eine Studie beauftragt, wie der Klimawandel und die vom Tiroler Landesenergieversorger Tiwag geplante Entnahme von bis zu 80 Prozent des Wassers der Venter und der Gurgler Ache - Zubringer der Ötztaler Ache - für den geplanten Ausbau des Kraftwerks Kaunertal sich auf den Wasserhaushalt des Ötztals auswirken würden.

Zwei Drittel weniger Wasser

Laut Studienautor Ulrich Wild-Pelikan vom Ingenieurbüro "Projekt Wasser" besteht der hochsommerliche Abfluss der Venter Ache zu 70 Prozent aus Schmelzwasser, in Huben an der Ötztaler Ache sind es 60 Prozent.

"Schon allein aufgrund der Klimakrise werden die Ötztaler Flüsse künftig im Jahresschnitt um rund ein Drittel weniger Wasser führen - im Sommer um zwei Drittel weniger", so Wild-Pelikan am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Innsbruck.

Im Angesicht solcher Prognosen ist es für WWF-Gewässer-Expertin Bettina Urbanek "gerade zu fahrlässig", dass die Tiwag in derart großem Stil Wasser aus dem Ötztal abzweigen will, das dort auch nicht mehr rückgeführt würde. Sie warnt vor "massiven Nutzungskonflikten um das Wasser".

Wild-Pelikan hat für seine Studie bestehende Studien und Prognosemodelle ausgewertet und mit aktuellen Messreihen der vergangenen Jahre abgeglichen. "Wir haben uns die Pegel angeschaut, der Rückgang ist dokumentiert." Schon jetzt gilt das Ötztal als niederschlagsarm. Sowohl der Trend bei Niederschlag, als auch im Speziellen beim Neuschnee zeigt nach unten.

Auswirkungen auf das Grundwasser

Gleichzeitig steigen die Temperaturen. In den Alpen wirkt sich der Klimawandel in diesem Bereich bekanntlich sogar stärker aus, als in anderen Teilen der Welt. Und bis 2060 sollen die Gletscherflächen im Ötztal nahezu vollständig abgeschmolzen sein.

Neben diesen Klimafaktoren würden sich laut dem Studienautor nicht nur die Ableitungen für das Kraftwerk, sondern auch begleitende Eingriffe in die Natur auf den Nutz- und Trinkwasserhaushalt im Ötztal auswirken. Um das Wasser von Venter und Gurgler Ache ableiten zu können, müsste laut Wild-Pelikan massive Bauwerke an den Bächen errichtet werden - samt Abdichtungen bis hinunter zum Grundwasser, um eine Unterspülung der Dämme zu verhindern.

"Das bewirkt, dass das Grundwasser gesperrt wird." Der darunter liegende und auf Massentourismus ausgelegten Wintersportort Sölden würden laut dem Experten zwei Drittel seines Grundwassers verlieren. An der Ötztaler Ache wiederum würde durch die geringere Wassermenge das Flussbett kleiner. Die dadurch verursachte Verschlammung behindert das Versickern von Wasser und verringert das Grundwasser ebenfalls.

"Es braucht von der Landesregierung ein klimafittes Wassermanagement", sagt Urbanek und fordert von ÖVP und SPÖ ein Umdenken. Sie gibt zu bedenken, dass das der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal auf Jahrzehnte ausgelegt ist und die Prognosen berücksichtigt werden müssen. Weniger Wasser, würde zudem auch die angepeilte Stromgewinnung der Tiwag infrage Stellen.

Projekt bei UVP-Behörde

Der Ausbau des Kraftwerks Kaunertal würde etwa zwei Milliarden Euro kosten. In der erweiterten Kraftwerksgruppe sollen im Endausbau etwa 900 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt werden. Ende Februar hat die Tiwag bei der UVP-Behörde des Landes ein überarbeitetes Projekt eingereicht, nachdem es 2012 schon einen ersten Anlauf gab.

Zuvor gab es einen jahrelangen Streit des Energieversorgers mit der Gemeinde Sölden um die Nutzung des Wassers zur Stromerzeugung, den die Tiwag letztlich für sich entscheiden konnte. Das Vorhaben ist seit jeher umstritten. Naturschützer kritisieren etwa die geplante Flutung des Platzertals und die damit verbundene Zerstörung eines großen Moores.

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