Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze
Eine Studie zeigt, dass Klimawandel-Anpassungen hitzebedingte Sterblichkeit massiv verringern können. In Österreichs Hitze-Hotspots Wien und Innsbruck findet darum ein Umdenken statt.

Eine ältere Dame lädt auf einer Asphaltwüste, wie es sie in Österreich vor Supermärkten hundertfach gibt, die Wochenendeinkäufe in den Kofferraum ihres Autos und ächzt: „Diese Hitze. Aber daran werden wir uns wohl gewöhnen müssen.“ Gewöhnen wird schwierig. Denn die im Zuge der Erderwärmung stetig steigenden Temperaturen können tödlich sein, wenn sie die Belastungsgrenzen des Körpers überschreiten.

Das hat gerade eine vergangene Woche vom Barcelona Institute for Global Health veröffentliche Studie gezeigt. Demnach gab es im Vorjahr in Europa über 47.000 Hitzetote. Das war nach 2022 der höchste Wert, seit solche Berechnungen 2015 gestartet wurden.

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

Das Expertenteam hat aber auch modelliert, wie die Entwicklung ohne bereits erfolgte Klimawandel-Anpassungsmaßnahmen wäre. Die hitzebedingte Sterblichkeit wäre demnach um 80 Prozent höher ausgefallen, so die Schätzung. Und in der besonders gefährdeten Altersgruppe der über 80-Jährigen hätten doppelt so viele Menschen den Tod gefunden.

Umdenken findet statt

Sich einfach an die Hitze zu gewöhnen wird schwierig. Aber sich so gut als möglich mit verschiedenen Maßnahmen – und das ist, die gute Nachricht – anzupassen, rettet Leben und macht es auch für weniger gefährdete Menschen erträglicher. In Städten, die sich besonders stark aufheizen und gleichzeitig eine große Zahl an Menschen beheimaten, ist die Notwendigkeit des Umdenkens inzwischen ins politische Verständnis eingesickert. Über die Parteigrenzen hinweg.

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

So standen heuer im Frühjahr etwa in Innsbruck im Vorfeld der Gemeindewahl Vertreter des gesamten Parteienspektrums – von Grün, über Rot, Schwarz bis Blau und weitere Farben – parat, um den Spatenstich zum Umbau eines Hitzepflasters im Stadtteil Olympisches Dorf zu setzen.

Auf einer bisher betonierten Fläche von 8.800 Quadratmetern sollen neue Grünflächen entstehen, Wasser und neue Bäume für Kühlung sorgen. Kurzum: Eine klimafitte Grün-Oase soll dort entstehen, wo jetzt noch die Hitze kocht.

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

100 Millionen Euro

Am Wort „klimafit“ kommt man in Wien auch nicht vorbei. Im Frühjahr verging keine Woche, in der kein umgestalteter, klimafitter Platz eröffnet wurde. „Wir bekämpfen die immer stärker werdende Hitzeentwicklung mit einer Entsiegelungs- und Begrünungsoffensive historischen Ausmaßes“, erklärte Planungsstadträtin Ulli Sima (SPÖ) dazu bereits im Juni.

Insgesamt sind in dieser Legislaturperiode 100 Millionen Euro für klimafitte und kühlende Maßnahmen veranschlagt – darunter Begrünung, Wasserquellen, Baumpflanzungen und eben Umgestaltungen von Beton-Hotspots wie dem Praterstern.

„Wir sehen nicht tatenlos zu, wir tun etwas dagegen“, sagt auch Innsbrucks Klima-stadrätin Janine Bex (Grüne) zur zunehmenden Belastung der Bevölkerung durch die steigenden Temperaturen. Durch eine Stadtklima-Analyse sind die Hitzeinseln in Innsbruck bereits bekannt. „Darauf basierend wird durch Maßnahmen wie zum Beispiel Begrünung, Beschattung, Versorgung mit Trinkbrunnen und Bodenentsiegelung gegengesteuert“, so Bex.

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

Kochende Bergstadt

Was möglich ist, zeigt der Park vor der Innsbrucker Messe im Zwickel zwischen zwei in der prallen Sonne liegenden Straßen. Hier wurden begrünte Hügel geschaffen, auf denen sich Hitzegeplagte im Schatten von alten und neuen Bäumen ausruhen. Die installierten Wasserelemente werden von Kleinkindern wie Pensionisten zur Abkühlung genutzt. Und das ist in der Bergstadt Innsbruck dringlicher, als man vielleicht meinen könnte.

Unter den Landeshauptstädten gibt es keine andere, die im Schnitt mehr Hitzetage pro Jahr verzeichnet. Der vom Inn durchschnittene Talkessel ist wie ein Kochtopf. Dafür können die Innsbrucker zumindest in den Nächten aufatmen, wenn kühle Luft von den Bergen in die Stadt strömt und nur selten Tropennächte – also mit 20 Grad und mehr – zulässt. Wien steckt hier hingegen in einer besonders belastenden Doppelmühle. 27 Hitzetagen folgten heuer bereits 20 Tropennächte.

Klimawandel: Städte rüsten sich gegen die Hitze

Infos vorab

Neben langfristigen Maßnahmen, wie dem Ausbau der Grünflächen, sorge man auch für kurzfristige Lösungen, erklärt Bex’ Wiener Pendant Jürgen Czernohorszky (SPÖ). Gemeint sind etwa Nebelduschen oder „Coole Zonen“, also kühle Räume mit Temperaturen zwischen 20 und 24 Grad, die für alle Menschen kostenfrei zugänglich sind, ohne etwas konsumieren zu müssen.

Essenzielles Puzzleteil, um die Bevölkerung zu schützen, sei aber auch der Wiener Hitzeaktionsplan. Dieser sieht eine Informationskette vor, damit die Bewohnerinnen und Bewohner bereits vor dem Auftreten von Hitzewellen entsprechende Vorkehrungen treffen können. So wird unter anderem in Kooperation mit der GeoSphere Austria (vormals ZAMG) auf bevorstehende gesundheitsbelastende Hitzewellen über stadteigene Medien hingewiesen.

Kommentare