Neuer Jugendrat: „Passiert nichts, gibt es Konsequenzen“

Maleen, Lena, Amina und Lisa (von links nach rechts) wollen der Politik Druck machen.
Beim ersten von "Fridays for Future" organisierten Jugendrat stimmten die Teilnehmer über Forderungen an die Politik ab.

„Wir erobern das System, weil wir sonst keine Zukunft haben“, so tönte es am Montag um fünf vor zwölf aus dem Globe Wien in der Marx Halle. Von der Politik nicht ernst genommen fühlten sich die jungen Leute, die sich zum ersten Jugendrat Österreichs trafen: „Ich habe es satt, belächelt zu werden, ich bin wirklich wütend. Vor allem, wenn andere sagen, wir würden uns nicht auskennen“, sagte die 18-jährige Amina.

Mit dem Jugendrat wollen die Aktivisten, die großteils aus der Fridays-for-Future-Bewegung stammen, der Jugend ein neues politisches Instrument und Druckmittel verleihen. Sie wollen wie die Bundesjugendvertretung an politischen Prozessen teilnehmen.

„Wir alle haben tatsächlich Angst, und das interessiert die Politik anscheinend nicht. Das finde ich sehr schlimm“, schloss sich die 15-jährige Lisa an.

Junge stellten Ultimatum

Lena Schilling (18) initiierte den ersten Jugendrat in Österreich: „Ich hatte in den vergangenen Monaten Treffen mit fast allen Spitzenpolitikern und habe das Gefühl, diese Zeit war verschwendet. Während Sebastian Kurz mit mir über die Bio-Pute und Wolfgang Sobotka über die Tomaten in seinem Garten gesprochen hat, fehlen uns immer noch die notwendigen Rahmenbedingungen. Ansonsten werden spätestens unsere Kinder in keiner coolen Welt mehr aufwachsen.“

Neuer Jugendrat: „Passiert nichts, gibt es Konsequenzen“

Lena Schilling am Montag beim Treffen.

2.000 Schüler befragt

Knapp 2.000 Schülerinnen und Schüler aus Wien haben an einer Umfrage teilgenommen, auf deren Basis nun Forderungen an die Politik formuliert wurden. Etwa 50 junge Leute haben diese Forderungen nun beim Jugendrat inhaltlich diskutiert und über sie abgestimmt. Die Veranstalter hatten mit mehr Teilnehmern gerechnet.

Ein gesetzliches Verbot von Inlandsflügen, Mitbestimmung beim Lehrplan und die kostenlose Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln – diese drei zentralen Forderungen stellte der Jugendrat auf. Klima- und Umweltschutz gehöre mehr aufs Tapet in der Schule, darüber herrschte Einigkeit.
Ob als eigenes Fach oder als allgemeines Thema, soll noch ausdiskutiert werden. Bei  Öffis ging die Idee so weit, Wien zur autofreien Zone zu machen. Vor allem am Land fordert der Jugendrat einen Ausbau der Öffis.

Mikrofone wurden herumgereicht, Hände schossen in die Höhe, und immer wieder gab es zustimmenden Applaus. Ideen gab es zur Genüge. Später wurden die Forderungen dann auch in Kleingruppen diskutiert. Die jüngsten im Bunde waren zwölf Jahre alt.

Neuer Jugendrat: „Passiert nichts, gibt es Konsequenzen“

Das Besondere an diesem selbst gegründeten Gremium: „Wir setzen der Politik einen Zeitrahmen. Wenn dann nichts passiert, wollen wir Konsequenzen setzen“, kündigte Schilling an. Wie genau diese Konsequenzen aussehen könnten, wird in den nächsten Wochen diskutiert. Die Freitags-Streiks alleine seien wohl zu wenig, um Politiker zum Handeln zu bewegen, war man sich einig.

Klima im Lehrplan

Am Ende stellten die Teilnehmer drei zentrale Forderungen auf: ein Verbot von Inlandsflügen, Mitbestimmung für Schülerinnen und Schüler im Lehrplan und Gratis-Öffis. Bei der Mitbestimmung im Lehrplan ging es vor allem auch darum, Klima- und Umweltschutz intensiver in der Schule zu thematisieren.

Neuer Jugendrat: „Passiert nichts, gibt es Konsequenzen“

„Ich finde es toll, dass wir uns hier zusammentun. Obwohl wir normalerweise nicht Teil vom politischen Diskurs sind, können wir hier einen Beitrag leisten“, fasste Julian (16) zusammen. Einen nächsten Wiener Jugendrat solle es jedenfalls geben.

Der Draht der Jugendlichen zur Politik

Als gesetzlich verankertes Gremium vertritt in Österreich die Bundesjugendvertretung (BJV) die Interessen  junger Menschen politisch. Mit dem Jugendrat als neue Plattform erweitert sich nun das Spektrum für politische Teilnahme  der Jugend. Sind die Forderungen ausformuliert, wollen der Jugendrat und die Bundesjugendvertretung sich an einen Tisch setzen, um sich  gemeinsam für die Anliegen der jungen Menschen stark zu machen. „Wir versuchen immer,  möglichst viele Stimmen einzuholen und finden es toll, wenn neue Plattformen, wie der Jugendrat, entstehen. Wir werden das auf jeden Fall im Auge behalten“, kündigte Isabella Steger, Vorsitzende der BJV an.

Die Bundesjugendvertretung steht im Austausch mit der Bundespolitik, und es kommt zu regelmäßigen Treffen mit Vertretern der Ministerien.  Um  Forderungen des Jugendrats weiterzutragen, können so  die richtigen Kontakte hergestellt werden.

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