Recht der Kinder
Schließlich hätten die Kinder ein Anrecht darauf, die Chance zu bekommen, Deutsch auf Erstsprachniveau zu lernen, stellt Fischer fest und sie fordert: „Es müssen zusätzlichen Sprachfördermaßnahmen finanziert werden.“
Vor allem Elementarpädagogen sehen den Einsatz externer Fachkräfte mit einer gewissen Skepsis – so zum Beispiel Natascha Taslimi vom Netzwerk elementare Bildung Österreich (Nebö): „Grundsätzlich haben Kindergärtnerinnen und Kindergärtner die Ausbildung, um die Kinder ausreichend zu fördern.“ Der Kindergarten sei dafür der perfekte Ort: „Lernen funktioniert über Beziehung – und die bauen die Pädagoginnen zu den Kindern auf, wenn sie sie täglich sehen.“
In Alltagssituationen werde kommuniziert und so die Sprache trainiert. Allerdings, räumt Taslimi ein, „sind die Arbeitsbedingungen derzeit nicht so, dass die Kinder ausreichend gefördert werden können.“ Vereine wie Startklar würden deshalb hier ergänzend sehr gute Arbeit leisten. „Externe Fachkräfte sind aber nur nötig, weil die Politik bisher nicht die nötigen Maßnahmen gesetzt hat“, ärgert sich Taslimi und sie konkretisiert: „Wir brauchen kleinere Gruppen, zudem sollten Pädagoginnen mehr Zeit für Vorbereitungen und Elterngespräche erhalten, um ihnen klar zu machen, wie wichtig das Deutschlernen für ihr Kind ist.“
Taslimi, die an der Pädagogischen Hochschule Wien lehrt, glaubt, dass man die prekäre Lage an den Kindergärten ändern könnte, indem man die Rahmenbedingungen verbessert.
Mehr Zeit
„Würde man zum Beispiel sagen, ab Herbst 2025 sind die Gruppen wesentlich kleiner und die Pädagogen erhalten mehr Zeit für die Vorbereitung, würden sicher viele, die gekündigt haben, wieder in den Beruf zurückkehren.“
Janine Fischer hält dagegen: „Wir haben bewiesen, wie erfolgreich wir mit der Förderung sind.“ In der Praxis heißt das: „Eltern melden ihre Kinder für den Nachmittag an. Unsere Expertinnen erarbeiten dort spielerisch mit den Buben und Mädchen den Wortschatz – etwa die Biene: Mit Kärtchen werden einzelnen Körperteile beschrieben, auch in den Muttersprachen der Kinder.“ Der Vorteil: „Kein Kind wird hier kritisiert, weil es etwas falsch macht, gleichzeitig wird ihre Muttersprache wertgeschätzt. Beides gewährleistet, dass die Kinder die Lust am Deutschlernen nicht genommen wird.“ Was Fischer noch wichtig ist: „Oft hört man noch, dass Kinder erst in der Muttersprache gefestigt werden sollen, doch das ist falsch. Kinder können locker zwei Sprachen gleichzeitig lernen.“
Eltern in die Pflicht
Doch bei aller Förderung: Auch die Eltern müssen ihren Teil dazu beitragen, sagt Taslimi. Tun sie das nicht, kommt spätestens bei Schulbeginn das böse Erwachen, wenn der Nachwuchs den „Mika-D–Test“ machen muss, der entscheidet, ob ein Kind in eine Deutschförderklasse muss.
Was Eltern konkret tun können, weiß Fischer: „Viele sind schon in der zweiten und dritten Generation hier und beherrschen Deutsch. Sie können zwar in der Sprache ihrer alten Heimat mit den Kindern sprechen, sollten aber Sprachinseln schaffen, in denen nur Deutsch geredet wird – etwa beim Vorlesen oder beim Essen. Wo Eltern gar kein Deutsch können, sollen sie mit ihrem Nachwuchs in Kurse gehen, wo sie spielerisch die Sprache lernen.“
Taslimi hat eine Bitte an alle Eltern – nicht nur von Migranten: „Manche Eltern glauben, sie tun ihrem Kind etwas Gutes, wenn sie es vor das Tablet setzen. Doch die ersten drei Jahre sollte das Gerät tabu sein.“
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