Kickls Erlass: Verbrechen mit Herkunft

Herkunft wird genannt
Die Polizei muss ab sofort die Nationalität der Täter veröffentlichen – fast immer.

Unmittelbar vor dem Tag der Pressefreiheit (am Freitag) veröffentlichte das Ressort von Innenminister Herbert Kickl seine Version von Öffentlichkeitsarbeit. Nach dem mittlerweile berühmten eMail vom September – in dem KURIER, Standard und Falter als „kritische Medien“ klassifiziert wurden – ist dies nun der zweite Versuch, die Medienarbeit neu zu regeln. „Diesmal ist es in Erlassform“, erklärt der zuständige Sektionschef Karl Hutter. Es ist also bindend für alle Polizisten in Österreich.

Geregelt wird darin auch der Umgang mit Ausländerkriminalität. Nachdem am Montag bekannt gegeben wurde, dass ausländische Täter nun in der Statistik in „sozialversichert“ und „nicht sozialversichert“ eingeteilt werden, müssen diese nun auch in Presseaussendungen genannt werden. Die Nennung der Nationalität habe nur dann zu unterbleiben, wenn die betroffene Person dadurch identifizierbar wird.

Bindender Erlass

„Bisher hat es jede der neun Landes-Pressestellen so gehandhabt, wie sie es wollte“, sagt Hutter. Das werde nun vereinheitlicht. Eine Analyse des Standard hat ergeben, dass durch das eMail im September die Zahl der Polizeiaussendungen mit Nennung der Nationalität von 16 auf fast 30 Prozent zugelegt hat. Das dürfte weiter steigen, da es nun einen bindenden Erlass dazu gibt.

Kriminalstatistik: Neue Zählweise

Auch in der Medienlandschaft gibt es durchaus unterschiedliche Zugänge zu diesem Thema; selbst die Meinungen des deutschen und österreichischen Presserats änderten sich immer wieder.

Der heimische Presserat sieht in der Nennung der Herkunft keine prinzipiellen Verstoß gegen die Ethik, allerdings werden Journalisten dazu aufgerufen, sich zu überlegen, ob ein Migrationshintergrund für das Verständnis der Tat relevant ist.

Überraschung im Bundeskriminalamt: Pressestelle wandert ins BMI

Zentralisierung

Schon während der Flüchtlingskrise wurden Medienvertreter aufgerufen, sich zu überlegen, ob sie eine Geschichte genauso schreiben würden, wenn es sich um einen heimischen Täter handelt.

Der neue Erlass hat auch eine „Zentralisierung“ der Pressearbeit zur Folge. So wird die eigenständige Pressestelle des Bundeskriminalamts aufgelöst – die Mitarbeiter, die Montagabend eine überraschende Mitteilung erhielten, müssen in einen zentralen Newsroom im Innenministerium übersiedeln. „Das hat nichts mit Message Control zu tun, wir wollen einen einheitlichen Außenauftritt“, sagt Sektionschef Hutter.

Die vier Pressesprecher werden dem Kommunikationsverantwortlichen Alexander Marakovits unterstellt. Dieser war schon von dem umstrittenen eMail im September schriftlich vorab informiert, bestreitet aber jegliche Beteiligung daran.

„Medienmaulkorb“

Neos-Klubobmann Niki Scherak sieht in dem Erlass einen „Medien-Maulkorb“: „Der Innenminister will hier kritischen Medien bewusst einen Riegel vorschieben, indem er die Öffentlichkeitsarbeit unter seine Kontrolle bringt. Mit der Zentralisierung der Pressestellen im BMI stellt er sicher, dass keinerlei Informationen, die nicht die Kickl’sche Freigabe durchlaufen haben, an die Öffentlichkeit kommen. Das ist die nächste massive Einschränkung der Medienfreiheit.“

Was der Minister selbst zu dem Erlass zu sagen hat, bleibt unklar. Bei einem Medientermin am Dienstag war es nicht erlaubt, Fragen dazu zu stellen.

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