Katastrophen-Warnung via Handy mächtig in Verzug
August 2017: Ein Orkan fegt in Oberösterreich mit bis zu 150 km/h über ein Festgelände in St. Johann am Walde. Ein Zelt stürzt ein, zwei Menschen sterben. Laut Wettermodellen waren keine Böen über 100 km/zu erwarten gewesen, heißt es danach.
Juli 2021: In der Salzburger Bezirkshauptstadt Hallein schwillt der Kothbach innerhalb von Minuten an, kracht als Sturzflut durch die Altstadt und verursacht enorme Schäden. Wie durch ein Wunder stirbt niemand. Zuvor waren lokal innerhalb kürzester Zeit riesige Regenmengen niedergegangen, was so nicht vorhersehbar war.
Wie immer nach solchen Ereignissen, stellt sich die Frage: Warum gab es keine Vorwarnung an die Bevölkerung? So auch bei den dramatischen Sturmereignissen in Kärnten und Niederösterreich, bei denen am Donnerstag fünf Menschen von Bäumen erschlagen wurden.
Gerade bei überraschenden Wettextremen, die sich mitunter erst kurz vor der Katastrophe abzeichnen, könnte ein Alarmierungssystem hilfreich und sogar lebensrettend sein. Nach derartigen Ereignissen wird immer wieder darüber diskutiert, seit Jahren ist es angekündigt:
Hätte im Juni starten sollen
Unwetterwarnungen, die direkt über das Handy an die Bevölkerung laufen. Über sogenannte „Cell Broadcast Alerts“ können Mobiltelefone im Umkreis von ausgewählten Handymasten erreicht werden.
Das System müsste laut einer EU-Richtlinie seit Ende Juni in Österreich aktiv sein. Die für das Katastrophenwarnsystem notwendige Verordnung ging allerdings erst am Samstag in Begutachtung, wie das Digitalisierungs-Staatssekretariat mitteilte.
"Zeitintensive Abstimmung"
Der Bund rechtfertige die Verspätung etwa damit, dass die Vernetzung der Behörden mit den Mobilfunkbetreibern „komplex“ sei und „eine zeitintensive Abstimmung“ zwischen den neun Bundesländern, den Ministerien, der RTR und den drei Mobilfunkbetreibern erfordere. Bereits Anfang 2019 hatte das Infrastrukturministerium den Aufbau des Systems angekündigt.
Im Herbst 2021 wurde im – inzwischen türkis-grünen – Ministerrat eine Novelle zum Telekomgesetz beschlossen, die das Bevölkerungswarnsystem auf Schiene bringen sollte. Die damals für Infrastruktur zuständige Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (VP) kündigt eine Umsetzung 2022 an. Stand heute wird es die Handywarnungen nicht vor 2023 geben.
In Vorarlberg hätte die Bevölkerung kurzfristige Vorwarnung auch gut gebrauchen können – etwa um Keller und Garagen auszuräumen. Nach Rekordregen stand das untere Rheintal am Freitag regelrecht unter Wasser.
Neue Wetterwarnung
Und die Prognose für die kommenden Tage: In Ostösterreich soll es am heutigen Sonntag vom Weinviertel über den Wiener Raum bis zum Burgenland zu extremen Niederschlägen kommen, gerade im städtischen Bereich kann es zu Überflutungen kommen.
In Wien ist der gesamte Monatsniederschlag in 36 Stunden angekündigt. Gebietsweise warnt die Unwetterzentrale vor Niederschlagsmengen von 100 Liter pro Quadratmeter. Im Westen wird es eher sonnig.
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